FORVM » Print-Ausgabe » Jahrgänge 1982 - 1995 » Jahrgang 1990 » No. 439-441
Reinhart Rohr

FPÖVP-Koalition: Ein Jahr der Versäumnisse

Ein Bericht von der österreichischen Heimatfront, wo das Modell des Bürgerblocks auf dem Probestand steht. R. R. ist Landesparteisekretär der SPÖ Kärnten.

Der Lindwurm hat sich quergestellt, wer lehrt ihn wieder Mores?
Kupferstich von J. W. Valvasor, Der neue Plaz in Clagenfuhrt, 1688

Keineswegs vielversprechend ist die Bilanz der neuen Koalitionsmehrheit im Kärntner Landtag. Insbesondere der neue Landeshauptmann Dr. Jörg Haider trat sein Amt mit großen Versprechungen an, um in weiterer Folge sehr wenig davon zu verwirklichen. Allein wenn man sich den von großer Publicity begleiteten Versuch zur Abschaffung der Hofratstitel ansieht, muß man sich fragen, ob denn Kärnten wirklich keine wichtigeren Probleme zu bewältigen hat. Nicht einmal öffentliche Versprechen wie die finanzielle hilfe für die Obir- und Magdalenarbeiter wurden eingehalten. Die Betroffenen fühlen sich zurecht von der FPÖ/ÖVP-Koalition brüskiert und im Stich gelassen. Stattdessen ufert die Verschuldungspolitik immer weiter aus, sodaß wichtige Einrichtungen ausgetrocknet werden.

Als Opfer der selbstverschuldeten finanziellen Engpässe sind unter anderem die wichtige Facharbeiterausbildung in Lehrwerkstätten und verschiedene Abteilungen der Krankenanstalten anzusehen, die finanziell und personell bis an den Rand des Zusammenbruchs gebracht werden. Hauptverantwortlich für die teilweise chaotischen Zustände in den von der FPÖ/ÖVP besetzten Referaten ist Landeshauptmann Haider, der aufgrund seiner bundespolitischen Ambitionen und der nicht enden wollenden öffentlichen Selbstdarstellungsauftritte kaum noch Zeit für seine eigentliche Regierungstätigkeit findet. Es hat den Anschein, als benütze Haider das Bundesland Kärnten nur als Sprungbrett, um höhere Aufgaben anstreben zu können. Dabei kommen gewichtige Landesaufgaben unter die Räder.

Der zweite Teil der Koalition, die Kärntner ÖVP, wird zunehmend zu einem Anhängsel degradiert. Aus diesem Grunde mehren sich innerhalb der ÖVP auch Stimmen, die die Sinnhaftigkeit dieser Kooperation bezweifeln. Denn Landeshauptmann Haider versucht permanent mit größtem Geschick, Erreichtes als eigene Leistung öffentlichkeitswirksam darzustellen und Versäumnisse als Fehler der anderen auszugeben. Es stellt sich angesichts dieser Situation die Frage, wie lange die Kärntner ÖVP diese Umklammerung wird aushalten können. Vorliegende Meinungsumfragen lassen hier für die ÖVP nichts Gutes erwarten.

Für die Kärntner SPÖ hat sich die Situation nach den letzten Landtagswahlen sicherlich gewandelt. Aufgrund der entstandenen national-konservativen Koalition wurde es wesentlich schwieriger, eigene Absichten auch in die Realität umzusetzen. Trotzdem gelang es SPÖ-Mandataren auf allen Ebenen immer wieder, Initiativen zu lançieren und auch zu verwirklichen. Die vier SPÖ-Regierungsmitglieder trachten in ihren Referaten eine sozial-demokratische Politik im Interesse der Kärntner Bevölkerung zu verwirklichen, unter der Führung von Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Peter Ambrozy, dessen Initiative zur Einführung einer Direktwahl der Bürgermeister besonders hervorzuheben ist: damit bietet sich die Chance, der Packelei in den Gemeinden ein Ende zu bereiten.

Als wichtiges aktuelles Ereignis muß das Eintreten der SPÖ-Regierungsmitglieder für einen gesamtkärntner Sozialplan erwähnt werden, mit dem von Betriebsschließungen betroffenen Arbeitnehmern geholfen werden sollte. Diese Initiative wurde, wie bekannt, von FPÖ- und ÖVP-Mandataren gemeinsam abgeblockt, obwohl Landeshauptmann Haider vorher öffentliche Versprechungen gemacht hatte. Allen Blockaden der national-konservativen Koalition zum Trotz gelangen in anderen Bereichen dennoch wichtige SPÖ-Vorhaben. Peter Ambrozy bemüht sich als Gemeinde-, Kultur- und Sportreferent um eine verstärkte und wesentlich verbesserte Förderung kultureller und sportlicher Aktivitäten im Lande.

Im Sinne einer umfassenden Demokratisierung des gesamten gesellschaftlichen Lebens führte die Kärntner SPÖ ein parteiinternes Vorwahlverfahren ein, bei dem jedes einzelne Parteimitglied über die Erstellung von Kandidatenlisten mitbestimmen kann. Hier wurde unter dem Parteivorsitz von Peter Ambrozy ein gewaltiger Schritt in Richtung Basisdemokratie getan. Im Gegensatz dazu erweist sich das von der FPÖ so gepriesene „Objektivierungs“verfahren nur als ungeschickter Vorwand, um die Parteispitze mit treuen Vasallen Haiders besetzen zu können. Die letzten Personalentscheidungn der Kärntner FPÖ sprechen hier eine klare Sprache.

Umweltschutzreferenten Herbert Schiller gelang es, weitere Gebiete unter Naturschutz zu stellen, einen landesweiten Altlastenkataster anzufertigen und die Flußsanierung voranzutreiben. Gemeinsam mit der Privatwirtschaft wird gerade ein Umweltvertrag mit den im Landtag vertretenen Parteien und in enger Zusammenarbeit mit der Kärntner Bevölkerung erarbeitet. Landesrat Dr. Josef Koschat trägt die Verantwortung für Fremdenverkehr, Gesundheitswesen und soziale Angelegenheiten. Die Erstellung eines Soemmerentwicklungskonzeptes 2000 und verbesserte Hilfestellungen für einkommensschwache Familien kann er als wichtigste Posten auf der Habenseite seines Referates verbuchen. Schwierig ist die Situation für Landesfinanzreferenten Max Rauscher, der es angesichts einer exzessiven Politik der Versprechungen, der Ankündigungen und der Verschuldung seitens der FPÖ/ÖVP-Koalıtion schwer hat, den Finanzhaushalt über Wasser zu halten. Trotz dieser Restriktionen ist er besonders bemüht, eine Politik der gezielten Regionalförderung umzusetzen. 50 Millionen Schilling für die landesweite Regionalförderung und weitere wirtschaftliche Sondermaßnahmen zugunsten benachteiligter Gebiete sind die wichtigsten Punkte seines Erfolgsnachweises.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß die insbesondere von der FPÖ geschlagenen medialen Wellen in keinem Verhältnis zu den tatsächlich erbrachten Leistungen stehen. Viele Ankündigungen und Versprechen erwiesen sich nach kurzer Zeit als leere Worthülsen. Im Gegensatz dazu lautet das Motto der Kärntner SPÖ: „Taten statt Worte“. Und daran wird man sich trotz aller Diffamierungsversuche der politischen Kontrahenten auch in Zukunft halten.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Juli
1990
, Seite 13
Autor/inn/en:

Reinhart Rohr:

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