FORVM » Print-Ausgabe » Jahrgänge 1982 - 1995 » Jahrgang 1994 » No. 487-492
Hans Sallmutter

Träumen nach vorn!

Die nachstehende Rede* wurde in den österreichischen Medien nicht oder lustvoll verdreht reportiert, z.B. als hätte H. S. seinen »ersten Schritt zu wertschöpfungsbezogenen Abgaben« im Ausmaß von 1,2 Milliarden Schilling zwecks Budget-Sanierung vorgeschlagen — eine Entlastung von nur einem Prozent für den Finanzminister. Es war aber ein Vorschlag mit Zweckbindung zur Förderung der aktiven Arbeitsmarktpolitik, heuer mit 2,4 Milliarden dotiert: eine Erhöhung für den Sozialminister um 50 Prozent. Da hatten die Medien nicht gut genug oder nur zu gut hingehört, jedenfalls haben sie eifrig es nirgendwo richtig berichtet. Demgemäß hat Vranitzky die »Verbreiterung der Bemessungsgrundlage« Sallmutters (vgl. nächste Seite, mittlere Spalte, oben) irrtümlich ohne dessen Pointe: die Zweckwidmung‚ in seine Regierungserklärung aufgenommen. G.O.

Das eigentliche Motto dieses Gewerkschafttstages müßte heißen:

Veränderung

Die Ereignisse der letzten Wochen, die Reaktionen aus Politik und Bevölkerung zeigen ganz deutlich, daß alle politischen Organisationen — auch die Gewerkschaften — sich nicht schnell genug auf die Bedürfnisse von heute eingestellt haben. Niemals zuvor wurde dies so deutlich wie zu den Nationalratswahlen und in der Zeit danach. Deshalb kann es sich keine politische Organisation, auch nicht die Interessenvertretung der Angestellten, leisten, zur Tagesordnung überzugehen. Wir werden daraus ganz klare Schlußfolgerungen ziehen. Der Neuorientierungsprozeß der GPA an den Bedürfnissen der Angestellten wird beschleunigt vorangetrieben. Wir fordern alle Gewerkschafter, Funktionäre, Betriebsräte auf, eine klare Sprache zu sprechen. Wir fordern auf zu einem partnerschaftlichen Umgang, zu einer höheren Kommunikationsbereitschaft mit Mitgliedern und Medien sowie zu mehr Transparenz.

Zum Thema Transparenz möchte ich gleich mit Beispiel vorangehen:

Meine Funktionen sind künftig die des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Privatangestellten — ich verdiene nach 25 Dienstjahren inklusive aller Zulagen und einer Überstundenpauschale 55.381 brutto, 14mal pro Jahr, dazu kommt eine Funktionsgebühr als Obmann der PVAng von 44.444, 12mal im Jahr. An anderen Funktionen habe ich noch das Mandat eines Kammerrates der AK-Wien. Schweren Herzens habe bzw. werde ich die Geschäftsführung der Wohnbauvereinigung zurücklegen, die eine ehrenamtliche war und aus der ich keinerlei finanzielle Einnahmen hatte. Doppelfunktionen wie auch in meinem Fall sind nur dann zu akzeptieren, wenn sie im Sinne der Arbeitnehmer der verbesserten Interessenvertretung dienen.

Zur Transparenz gehört auch, daß wir vieles, das inzwischen selbstverständlich geworden ist, immer wieder — vor allem auch den jungen Menschen — verständlich und nachvollziehbar darstellen. Das für Europa beispielhafte System der Sozialpartnerschaft, das den Arbeitnehmer-Vertretungen (ÖGB und Arbeiterkammer) die einzigartige Gelegenheit bietet, in unserem Land in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht mitzubestimmen.

Heute, mit dem Tag meines Funktionsantrittes, möchte ich klar die Prioritäten nennen, so wie ich sie sehe und wie wir sie gemeinsam bearbeiten sollten. Ich möchte klar deklarieren, für welche Werte ich stehe:

1. Arbeitsplätze

Es geht nicht an, daß Unternehmen aus kurzfristigem Profitinteresse Menschen auf die Straße setzen und das Problem und die Kosten dafür der Allgemeinheit überwälzen. Alle gemeinsam sind wir gefordert, Rezepte gegen die — nach wie vor — zu hohe Arbeitslosigkeit zu finden. Eine Vielzahl von Maßnahmen sind zu ergreifen:

  • Eine Umorientierung in der Wirtschaftspolitik, die durch öffentliche Nachfragesteuerung neue Arbeitsplätze schafft.
  • Arbeit teilen und Rahmenbedingungen für selbstgewählte Teilzeitarbeit. Beim Thema Arbeitszeitverkürzung muß über verschiedenste Modelle nachgedacht werden.
  • Bildungsfreistellung ist ein Zeichen der Zeit, um den Beschäftigten die Chance zu geben, den neuen Anforderungen im Zuge der technologischen Entwicklung, aber auch den Herausforderungen durch den EU-Beitritt, gerecht zu werden.
  • Durch die Kollektivvertrags- und Steuerpolitik sollen vor allem den Kleinverdienern ein höheres Einkommen und durch die Konjunkturbelebung Arbeitsplätze gesichert werden.

Wir sind bereit und flexibel, über Veränderungen im Einkommenssystem zu diskutieren. Das beweist unsere Kollektivvertragspolitik seit Jahrzehnten. Was wir aber auf keinen Fall akzeptieren werden, ist, daß bei den schlecht entlohnten Angestellten und Arbeitern noch weiter gespart wird. Unser Weg ist ein anderer: Insbesondere die unteren Gehaltsstufen gilt es auch in Zukunft stärker anzuheben. Auch im Sinne einer gesamtwirtschaftlichen Konjunkturentwicklung und Verantwortung.

Unsere Sektion Industrie leistet bei der Findung neuer Entgeltsysteme seit Jahren Pionierarbeit. Nun sind die Arbeitgeber gefordert, ihre Fortschrittlichkeit und Flexibilität unter Beweis zu stellen! Neben Fortschrittlichkeit und Flexibilität ist heute ein großes Maß an Verantwortungsbewußtsein gefragt, das wir den Unternehmern abverlangen müssen.

Lore Hostasch war und ist die Propagandistin der »Solidarabgabe«. Nach diesem Modell sollten auch andere Gruppen (z.B. Beamte) zur Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik beitragen. Diesen Weg müssen wir fortsetzen und die Idee umsetzen. Österreich hat im internationalen Vergleich relativ hohe Sozialversicherungsbeiträge. Klein- und Mittelverdiener werden durch Beitragserhöhungen besonders getroffen, da die Beiträge nur bis zur SV-Höchstbeitragsgrundlage zu zahlen sind. Ich werde mich nicht zuletzt aus dieser Erkenntnis für eine Integration des Arbeitnehmerbeitrags zur Arbeitslosenversicherung in den Steuertarif einsetzen. Damit wäre Lore Hostaschs Solidarabgabe verwirklicht und auch die anderen Gruppen, die ja von Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik profitieren, würden über die Steuer einen Beitrag leisten.

Mein Vorschlag sieht auch eine Entkoppelung der Finanzierung aktiver und passiver Arbeitsmarktpolitik vor und bezieht alle Bevölkerungsgruppen in die Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik ein. Diese Maßnahmen sollen bei der nächsten Steuerreform umgesetzt werden, denn die laufend stattfindende Verschiebung der Steuerlast zu den unselbständig Erwerbstätigen macht eine Lohnsteuerentlastung von ca. 20 Milliarden Schilling in ein bis zwei Jahren unumgänglich. Die Integration des Arbeitslosenbeitrages wäre dadurch für alle Beschäftigungsgruppen akzeptabel, und dennoch — jeder hätte mehr im Lohnsackerl.

Der Finanzminister hat angesichts der tristen Budgetsituation auch unpopuläre Maßnahmen angekündigt: Ich hätte bereits eine konkrete Idee für eine solche Maßnahme, die nur eine Minderheit trifft, aber sehr viel bringen würde:

Es gibt Schätzungen, daß dem österreichischen Staat jährlich ca. 40 Milliarden Schilling durch Steuerhinterziehung der Unternehmer entgehen. Angestellte und Arbeiter dagegen haben keine Gestaltungsmöglichkeiten. Wie wär’s mit einem — den Autofahrern bekannten — Planquadrat auch in der Steuerfahndung? Mit einer bundesländerweiten Branchenkontrolle? Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine strafbare Handlung. Wir fordern die gleiche strenge Handhabung wie bei allen anderen Straftaten auch. Nicht nur die »Kleinen«, sondern auch die »Großen« sollten verhalten werden, sich korrekt gegenüber dem Staat zu benehmen.

Die Forderung nach »Umverteilung«, die nach Meinung vieler überholt ist, wird heute mit dem Stempel »Klassenkampf« versehen und die Diskussion für beendet erklärt. Umverteilung findet jedoch laufend statt, und zwar von unten nach oben! So stiegen insbesondere die Einkünfte aus Vermögensbesitz in den letzten Jahren enorm an (+ 70% von 1983 bis 1990), während die Löhne und Gehälter in diesem Zeitraum um nur ca. 20% stiegen. 1% der Vermögenden gehören 25% des Reichtums des Landes, 1% der Grundbesitzer ein Drittel aller Flächen, 1% der Unternehmer besitzt 60% des Betriebsvermögens. Der enorme Anstieg vor allem der Finanzvermögen ist ein Ausdruck für eine Entwicklung des gegenwärtigen Kapitalismus, für den Ökonomen den Begriff »Casino-Kapitalismus« geprägt haben. Die höchsten Gewinne werden in spekulativen Finanztransaktionen erzielt, und nicht in produktiven Anlagen, die Arbeitsplätze sichern. Uns muß es vor allem darum gehen, daß der produktive und arbeitsplatzsichernde Sektor der Wirtschaft wieder mehr an Bedeutung gewinnt. Nicht weitere Deregulierung ist dafür das nötige Rezept, sondern regulierende Eingriffe in das Wirtschaftsleben, um Wohlstand und Sicherheit für alle zu sichern. Nichts gegen Glücksspiele, sie sollten aber in den Casinos und Spielhallen bleiben und haben im Wirtschaftsleben nichts zu suchen. Hier geht es um Sicherheit, um Arbeitsplätze, um menschliche Bedürfnisse — auf den Nervenkitzel des Glücksspiels können die tausenden unselbständig Beschäftigten, deren Arbeitsplatz-Sicherheit bedroht ist, gerne verzichten.

Vor ca. 3 Wochen, so war Zeitungen zu entnehmen, verlegte einer der reichsten Männer Deutschlands, Herr Flick, seinen Wohnsitz. Grund dafür ist die große Steuerlast, die der Milliardär dem deutschen Fiskus zahlen muß. Da übersiedelte er in eine Steueroase. Wer jetzt an eine exotische Insel denkt, der irrt. Flick übersiedelte nach Österreich. Österreich ist spätestens seit der letzten Steuerreform eine Steueroase — freilich nicht für die Arbeitnehmer. Für Milliardäre jedoch schon.

  • Die Abschaffung der Gewerbe- und Vermögenssteuer,
  • die jahrzehntelang nicht angehobenen Einheitswerte für Grundbesitz,
  • die im Vergleich zu Deutschland niedrige Kapitalertragssteuer mit 22% (in Deutschland 30%),
  • mit 34% im OECD-Durchschnitt einer der niedrigsten Körperschaftssteuersätze —

dies alles macht uns zum Steuerparadies.

Der Weg in den Lohnsteuerstaat wird jedoch weiter fortgesetzt. Der in Österreich ohnehin schon hoch belastete Faktor Arbeit wurde noch stärker belastet.

Dabei hat die GPA eine mögliche Alternative ausgearbeitet. Unser Vorschlag war, eine Energiesteuer einzuführen und im Gegenzug den Wohnbauförderungsbeitrag abzuschaffen, also den Faktor Arbeit zu entlasten. Sogar einige Länder-Wirtschaftskammern können — so hört man — sich mit unserem Steuermodell anfreunden. Und die Bevölkerung steht grundsätzlich positiv zu Energiesteuern. Die Bundesregierung aber überlegt noch — vielleicht nur noch kurze Zeit.

Gestern haben wir mit einem Leitantrag ein umfassendes Steuerpaket beschlossen. Die GPA steht nach wie vor zu Alfred Dallingers Vision einer Wertschöpfungsabgabe. Allerdings sind wir die einzigen. Um Bedenken gegenüber der Wertschöpfungsabgabe zu entkräften, möchte ich eine neue Vorgangsweise vorschlagen. Ich könnte mir eine Art Testphase vorstellen: Durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer und beim Arbeitgeber-Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds wäre der erste Schritt zu wertschöpfungsbezogenen Abgaben getan. Nach der Erprobung wären bestehende Unklarheiten und Ängste mutmaßlich ausgeräumt und man könnte dazu übergehen, auch die Arbeitgeber-Beiträge zur Sozialversicherung in eine Wertschöpfungsabgabe umzuwandeln.

Auch bei Lohn- und Einkommensteuern steht die GPA für Erneuerungen. Anstelle des Stufentarifs schlagen wir einen Formeltarif vor, der keine Sprünge aufweist und linear und progressiv verläuft und damit viel gerechter wäre als die bisherige Regelung. Eines muß klar sein: das soll ein Umverteilungstarif sein, bei dem die unteren Einkommensgruppen stärker profitieren.

2. Soziale Sicherheit

Die Sozialversicherung ist das Grundgerüst und Herzstück der sozialen Sicherheit in Österreich. Hier sind wir — wie bisher — für sinnvolle Reformen im Sinne von Verbesserungen der Effizienz in der Verwaltung, Abbau der Bürokratie, Verbesserung der Kommunikation mit den Versicherten und Leistungsempfängern.

Das System der Sozialversicherung steht für uns grundsätzlich außer Frage.

Unser System der sozialen Sicherheit ist nicht aus humanitären Gründen geschaffen worden, es war kein Almosen mildtätiger Unternehmer. Es wurde in harten Auseinandersetzungen von der Gewerkschaft erkämpft. Der Traum der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung von sozialer Gerechtigkeit, sozialem Frieden und Mitbestimmung am Arbeitsplatz schien Wirklichkeit zu werden. Zwar gibt es noch Risse im sozialen Netz, die zu flicken sind, aber Österreich wird um seine soziale Sicherheit allseits beneidet.

Doch der Traum scheint ausgeträumt. Es ist zu befürchten, daß unser System der sozialen Sicherheit bei den beiden Koalitionsparteien, die ein Kärntner Populist vor sich hertreibt, nicht mehr jenen qualitativen Stellenwert hat wie in der Vergangenheit, und unter Umständen sogar angegriffen wird.

Eine Zusammenlegung der 28 Versicherungsanstalten wird gefordert. Einmal sollen es 14, einmal 4 bis 5 Großinstitute werden — jedenfalls müssen es handlungsunfähige Monsterinstitute werden, die man dann aufgrund ihrer Schwerfälligkeit leicht abschaffen kann. Zuvor jedoch muß noch die Selbstverwaltung, d.h. die Mitbestimmung und Selbstbestimmung der Vertreter der Beitragszahler — seien es Dienstgeber- oder Dienstnehmervertreter — beseitigt werden, sie ist nur ein Bremsklotz bei der Demontage. Obwohl fast schon jede Partei nach Privatisierung schreit, soll die von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geschaffene und selbstverwaltete Organisation im ersten Schritt verstaatlicht werden, um sie dann im nächsten Schritt abzuschaffen und soziale Sicherheit wieder zu einem Privatproblem zu machen.

Wohin führt das? Jeder hat sicher das Bild im Kopf, wo in einer amerikanischen Kleinstadt der Großvater im Rollstuhl ausgesetzt wird, weil sich seine Familie die Pflegekosten nicht mehr leisten kann. Ich frage euch: Wollen wir das auch? War der Kampf unserer gewerkschaftlichen Vorfahren vergebens? Aber nicht mit uns! Wir werden nicht tatenlos einer drohenden Demontage Zusehen! Notfalls werden bzw. müssen wir zu gewerkschaftlichen Kampfmitteln zurückgreifen. Und wenn dann — ich möchte es aus Respekt vor unseren Pensionisten vermeiden — die Pensionen einige Tage zu spät ausbezahlt und die Ambulatorien geschlossen sind und nur eine Notversorgung gegeben ist, dann bekommen die Leistungsberechtigten (ich betone das) — und es wären die falschen Leidtragenden — einen Vorgeschmack auf eine Zukunft ohne soziale Sicherheit, die wir nicht wollen!

Den Millionär Haider würde das nicht betreffen! Mit dem Bärental im Hintergrund und als bequemes Schutznetz läßt es sich auch ohne gesetzliche Sozialversicherung gut leben.

Vor vier Jahren haben wir — wahrscheinlich viel zu sanft — gegen die seinerzeit verfügte Auflösung der finanziellen Rücklagen der Sozialversicherung — im speziellen der Pensionsversicherungsträger — protestiert. Wir haben uns jedoch nicht durchgesetzt. Ich bin in meinem Bericht vor zwei Tagen genau darauf eingegangen. Der Sozialversicherung wurden zur Budgetkonsolidierung 5 Milliarden Schilling genommen. Die Versicherten klatschten, ohne jedoch zu bedenken, daß sie die Kosten der Zinsen für nunmehr notwendige Kredite, die zur rechtzeitigen Auszahlung der Pensionen aufgenommen werden, über Steuern zu tragen haben.

Hier wäre Internationalisierung angesagt: In unseren Nachbarländern werden die Sozialversicherungsinstitute verpflichtet bzw. haben die Möglichkeit, Rücklagen zu bilden, in der BRD für rund drei Monate, in der Schweiz sogar für ein Jahr. Wo bleibt hier die Europareife? Wir sind für Sozialabbau nicht zu haben, wir wollen Sozial-Plus! Wir wollen soziale Sicherheiten für Beschäftigte und Pensionisten! Wir wehren uns dagegen, daß immer mehr Menschen zum Schaden der Arbeitslosigkeit auch noch den Spott des »Sozialschmarotzers« dazukriegen müssen. Daher treten wir für ein Arbeitslosengeld ein, das arbeitslose Menschen nicht zu Bittstellern der Sozialhilfe macht. In unseren Anträgen verlangten wir deswegen sowohl eine Verlängerung des Arbeitslosengeldbezuges als auch eine automatische Erhöhung. Besser noch ist aber jede Maßnahme, die Arbeitslosigkeit verkürzt oder verhindert. Wir fordern daher einen Ausbau der Arbeitsstiftungen. Und wir verlangen weitere Fortschritte beim Ausbau der sogenannten »experimentellen« Arbeitsmarktpolitik.

Schließlich: Wir als GPA treten nach wie vor für die weitere Verkürzung der Arbeitszeit ein. Im Gleichklang mit der Arbeitszeitverkürzung stehen wir auch für eine Bildungsfreistellung und für eine Erhöhung der Souveränität der Beschäftigten über Lage und Länge ihrer Arbeitszeit. Und wir werden uns mit aller Kraft wehren, wenn es neue Vorstöße gibt, ohne Rücksicht auf die Betroffenen Arbeitszeiten zu verlängern. Auch wenn Wiens (seit 7.11.94 ehemaliger) Bürgermeister noch so viele Sympathien genießt, sein Vorstoß in Sachen Ladenöffnungszeiten wird von uns so nicht akzeptiert. Ich hoffe, daß ich Eure Zustimmung und Solidarität für die Handelsangestellten in Wien erhalten werde.

Ich habe vorhin gesagt: Wir wollen keinen Sozialabbau, wir wollen Sozial-Plus! Das gilt auch für unsere Pensionsversicherung.

Wir wissen, was dieser Wirtschaft zumutbar ist und was nicht. Gerade deswegen und weil wir wissen, was alten, arbeitslosen und kranken Menschen keinesfalls zumutbar ist — nämlich Existenzangst — verlangen wir einen weiteren dynamischen Ausbau unseres Sozialstaates. Und wir verlangen, daß die Menschen bis zu ihrem normalen Pensionsalter arbeiten können. Das ist keine Aufforderung zur gesetzlichen Anhebung des Pensionsalters. Aber es ist eine deutliche Kampfansage an die hohe Altersarbeitslosigkeit. Es geht nicht an, daß 45-jährige, 50-jährige bereits zum »alten Eisen« gehören! Und es ist eine Kampfansage an Arbeitsbedingungen, die krank und invalide machen. Es gibt Branchen und Berufszweige — auch bei Angestellten — wo jeder Zweite wegen Krankheit bzw. Berufsunfähigkeit vorzeitig in Pension gehen muß. Wir wissen überdies aus den Statistiken, daß Invaliditätspensionisten um 5 bis 10 Jahre früher sterben als »gesunde« Alterspensionisten. Wir werden daher noch deutlicher als bisher berufsunfähig machende Faktoren ausschalten und gesunde Lebens- und Arbeitsverhältnisse einfordern müssen — von der österreichischen Gesundheitspolitik, von den Arbeitsinspektoraten, aber auch konkret in jedem Betrieb, an jedem Arbeitsplatz. Im Ergebnis wird das bewirken, daß das errechnete, sogenannte durchschnittliche Pensionsantrittsalter ansteigen und zu den öffentlich diskutierten finanziellen Entlastungen für die gesetzliche Pensionsversicherung führen wird. Unser »Sozial-Plus« kann nur eingefordert werden, wenn wir bereits vorbeugend tätig sind: Wir müssen arbeitenden Menschen ihre Arbeitsplätze erhalten, gesunde Menschen gesund erhalten und älteren Menschen ihren sicheren Lebensabend erhalten!

Hier sind wir als Gewerkschaftsbewegung gefordert, das erwarten unsere Mitglieder von uns. In diesem Sinne sind wir, der ÖGB mit seinen 14 Einzelgewerkschaften, die wichtigste Interessenvertretung der Arbeitnehmer Österreichs. Helfen wir zusammen, damit es so bleibt! Setzen wir uns gemeinsam ein für das Vertrauen der Menschen in unserem Land! Soziale Sicherheit und die Frage nach der gerechten Verteilung des Reichtums bleiben zentrale Aufgabenfelder für uns.

3. Arbeits- und Lebensqualität

Wir sind jedoch heute mit Problemlagen konfrontiert, die über soziale Anliegen und Einkommensfragen hinausgehen, die aber sehr wohl gewerkschaftliche Themen sind. Man kann diese Fragen auch als »qualitative« bezeichnen. Wie ist meine Arbeit organisiert? Wie sieht es mit dem Arbeitsdruck aus? Welche Möglichkeiten der individuellen Arbeitszeitgestaltung habe ich? Wie sieht es mit der betrieblichen Mitbestimmung aus? Mit der Ökologie im Betrieb?

Das sind Fragen, die uns in immer größerem Ausmaß als Gewerkschaft herausfordern. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen haben wir bereits auf diese Entwicklungen reagiert — zweifellos müssen aber noch viele konkrete Schritte folgen.

Als exemplarisches Beispiel möchte ich den GPA-Maßnahmenkatalog »zur Verhinderung von belastendem Arbeitsdruck« erwähnen.

Viel ist heute vom »Individualismus« die Rede. Wie so viele Entwicklungen, so muß man auch diese Tendenz in ihren Widersprüchen betrachten. Auf der einen Seite gibt es den Trend zum selbstbewußten, selbstbestimmten Menschen, der kritisch eingestellt ist gegenüber Autoritäten, gegenüber traditionellen Organisationen und Hierarchien. Wünsche nach mehr Mitbestimmung und konkreter Mitgestaltung werden geäußert. Auf der anderen Seite gibt es — ich glaube, jeder von uns spürt es — den Trend zur Egozentrik, zur Beziehungsunfähigkeit, zur Verantwortungslosigkeit und Entsolidarisierung. Ich glaube, das sind Seiten der Individualisierung, die uns mit Sorge erfüllen müssen. Ich bin aber auch von einem überzeugt: Individualität und eine gemeinsame Formulierung von Interessen müssen kein unüberwindbarer Widerspruch sein. Selbstbewußtsein soll die Grundlage sein für eine neue Qualität der kollektiven Arbeit, für welche die GPA einstehen will. Dem arbeitenden Menschen Selbstbewußtsein zu geben, ihn mit Bewußtsein zu erfüllen über die Stellung in der Gesellschaft, das war immer das Ziel der Gewerkschaften. Es ist heute gültiger denn je. Das hat aber nichts zu tun mit einer neuen Verantwortungslosigkeit, die allzu oft mit Individualismus verwechselt wird. — Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl war das extremste und augenscheinlichste Ereignis, das uns gezeigt hat, daß sich die Folgen der wissenschaftlich-technischen Fortschritte auch gegen den Menschen wenden. Eine Vielzahl von Beispielen könnte man noch nennen.

Es kann aber nicht darum gehen, Fortschritt generell in Frage zu stellen, sondern ihn vielmehr unter neuen Gesichtspunkten zu sehen. Eine Wachstumsphilosophie, die wirtschaftliches Wachstum primär als ein Mehr an Waren und Produkten verstand, ohne zu fragen, ob und wie diese auch menschlichen Bedürfnissen entsprechen, ist durch einen qualitativen Wachstumsbegriff zu ersetzen. Fortschritt muß primär als ein Mehr an Lebensqualität betrachtet werden. Neu ist vor allem auch, daß wir bei allem, was wir heute an gesellschaftlichen Aktivitäten entwickeln, verpflichtet sind, auch an die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu denken. Wir befinden uns tatsächlich an einem historischen Punkt, wo diese Lebensgrundlagen ernsthaft bedroht sind. Fortschrittskritisches und ökologisches Denken ist immer mit sehr viel Wissen um die Zusammenhänge verbunden. Für sehr viele unserer Mitglieder, vor allem für hochqualifizierte Angestellte, werden diese Fragen immer wichtiger und sie erwarten sich von uns Antworten und konkrete Hilfestellungen. Sehr viel muß passieren, um unser Bewußtsein zu bilden und in konkrete Arbeitsschritte umzuwandeln.

Eine ökologische Erneuerung der Gesellschaft wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie die sozialen Rechte der Arbeitnehmer und vor allem auch der Werktätigen in den Entwicklungsländern berücksichtigt. Das einzufordern, bleibt eine zentrale Aufgabe.

Dies gilt auch für die Sicherung des Industriestandorts Österreich. Dieser wird vor allem als ein Standort mit hohem Technologieanteil und qualifizierten Arbeitsanforderungen Zukunft haben. Das darf nicht zur unüberlegten Aufgabe bestehender Strukturen, und dazu gehört die verstaatlichte Industrie in Österreich, führen. Standortpolitik verstehen wir als Sicherung von Produktionsstätten mit hohen ökologischen und sozialen Standards. Einer Standortpolitik über Sozialdumping und Steuergeschenken für die Unternehmer können wir wenig abgewinnen.

4. Politik

»Es beginnt wieder, da und dort. Der zeitgenössische Faschismus trägt zwar kein Hitler-Bärtchen. Aber man gibt sich frech und mutig, man ›traut sich was‹, man ist kritisch gegen die ›alten Parteien‹ man bekämpft die ›Sozialschmarotzer‹, man ist zeitgemäß und zeitgeistgemäß. Es beginnt als gefährliche Immunschwäche und kann als faschistischer Terror enden.«

Diese Worte stammen nicht aus einer politischen Analyse der letzten Wochen, diese Worte stammen aus einer Rede, die Kollege Alfred Dallinger 1988 anläßlich einer Gedenkveranstaltung zum Anschluß Österreichs an Hitler-Deutschland hielt. Selbst der weitsichtige Dallinger hätte es wahrscheinlich nicht für möglich gehalten, wie schnell der faschistische Terror in Österreich blutige Realität werden kann. Die hinterhältigen Briefbomben-Attentate gegen Menschen mit humanistischer und demokratischer Gesinnung verfolgen ein klares, eindeutiges Ziel. Die demokratische Öffentlichkeit sollte eingeschüchtert werden, Angst und Schrecken verbreitet werden.

Als Gewerkschaft mit einer langen antifaschistischen Tradition haben wir einen Auftrag!

Sorgen wir gerade jetzt und heute dafür, daß dem Ungeist des Faschismus und Rassismus mit aller Entschiedenheit entgegengetreten wird. Lassen wir uns nicht einschüchtern, im Gegenteil, versuchen wir, eine neue Begeisterung für Toleranz, Humanität und Demokratie zu entwickeln. Ich bin ein Anhänger der differenzierten Betrachtung, ich bin dagegen, die Freiheitliche Partei in einen Topf mit neonazistischen Terroristen zu schmeißen. Jedoch: Herr Haider kann noch so oft seine Abgrenzung zum Rechtsextremismus beteuern, aber er ist mitverantwortlich: für die Vergiftung des Klimas in diesem Land, für die ausländerfeindliche und menschenverachtende Stimmung, für die Geringschätzung demokratischer Institutionen, für Haß und Intoleranz gegenüber Minderheiten. Mit seinem Populismus bereitet er den Boden, auf dem die Saat des Faschismus dann gedeihen kann. Er selbst nimmt sich Vorbilder, etwa bei der Bewegung, die in Italien ein Silvio Berlusconi, in enger Partnerschaft mit den neofaschistischen Kräften, anführt.

Blicken wir in unser Nachbarland! Was wurde aus der groß angekündigten demokratischen Erneuerung in Italien? Massiver Sozialabbau, eine versuchte Gleichschaltung des öffentlichen Lebens durch die Beherrschung der Medien, Machtmißbrauch und Willkür gegen politische Gegner prägen das Bild. Scheuen wir uns nicht, den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb klar zu machen, welche Gefahr von dieser Art Rechtspopulismus ausgeht. Ich denke, Gewerkschaften haben bei der Abwehr dieser Gefahr eine Schlüsselfunktion. Ich denke, nicht zufällig startet Haider seine aggressivsten Angriffe gegen Arbeiterkammer, gegen die Sozialversicherung und Gewerkschafter. Die Gründe für die Zunahme des Rechtspopulismus sind vielfältig. Falsch wäre es, allzu mechanistisch Wirtschaftskrise und soziale Deklassierung als Erklärungsmuster heranzuziehen. Aber eines ist gewiß: Ein wesentlicher Nährboden, auf dem der Rechtspopulismus gedeihen kann, ist die Arbeitslosigkeit — europaweit beträgt sie heute durchschnittlich 10%.

Auch Österreich blieb nicht verschont. Längst hat sich unser Land von der Vollbeschäftigungspolitik der 70er und 80er Jahre verabschiedet. Neokonservative Kräfte verkaufen nun wirtschaftspolitische Rezepte gegen die hohe Arbeitslosigkeit. Die Arbeitskräfte seien zu teuer, heißt es. Europa solle das US-amerikanisierte Beschäftigungsmodell nachahmen. In den USA wurde durch eine Senkung der Löhne, vor allem im Dienstleistungsbereich, tatsächlich die Arbeitslosigkeit eingedämmt und die Beschäftigungsquote stieg. Viele Amerikaner haben oft sogar mehrere Jobs, können aber davon nicht leben und sind von Armut bedroht. Streben wir so einen Weg wirklich an? Wollen wir eine Dienstbotengesellschaft, wo sich ein Arbeitsplatzbesitzer, der einen gut entlohnten und sicheren Arbeitsplatz hat, sich Dienstboten halten kann, die ihm seinen Haushalt organisieren und seine Freizeit verschönern? Für uns kann es keine beschäftigungspolitische Strategie sein, daß etwa arbeitslose Jugendliche im Burgenland Golfbälle einsammeln. Wir wollen qualifizierte Jobs und ausreichendes Einkommen — und zwar für alle!

Die Unternehmer werden ebenfalls nicht müde, über die zu hohen Lohnkosten zu klagen. Bei den Kollektivvertragsverhandlungen werden uns ihre Abbauprogramme präsentiert, Maderthaner & Co’s Forderungen werden immer dreister.

5. Zurück in die Zukunft

Unter diesem Titel haben wir in der letzten Ausgabe der ›Kompetenz‹ ausführlich über die Rückbesinnung auf unsere Qualitäten, auf unsere Struktur mit den Betriebsräten sowie auf die Bedürfnisse unserer Mitglieder — insbesondere von Frauen und Jugend, die eines besonderen Schutzes sowie einer besonderen Förderung bedürfen — hingewiesen.

Die wichtigste Säule in unserer gewerkschaftlichen Organisation ist der Betriebsrat! Die Stärke unserer Gewerkschaft, ihr Durchsetzungsvermögen und ihr politischer Einfluß steht und fällt mit der Bereitschaft und Fähigkeit der Angestelltenbetriebsräte, wie sie »vor Ort« in den Betrieben und Abteilungen als Gewerkschafter erlebt werden und umgekehrt, wie sie sich auch in die Gewerkschaft einbringen und die Anliegen der Beschäftigten vertreten.

Die Qualifikation unserer Betriebsräte, ihr Fachwissen, aber auch ihre Argumentationsfähigkeit und Durchsetzungskraft ist uns daher ein ständiges Anliegen. Genauso liegt uns aber am Herzen, sie von unseren bei Gewerkschaftstagen und Sitzungen beschlossenen gewerkschaftlichen Zielsetzungen zu überzeugen, sie ständig für unsere Ideen, Anliegen und Vorhaben zu gewinnen. Vergessen wir dabei aber nicht, daß eine erhebliche Zahl von Angestelltenbetriebsräten nicht unserer Gewerkschaft angehört.

Es muß daher unsere Aufgabe sein, auch diese Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, daß es sich lohnt, in der GPA organisiert zu sein. Und: warum es sich für sie als Betriebsräte lohnt, in der GPA organisiert zu sein.

Ich habe gerade von der Bedeutung des Betriebsrates gesprochen. Aber das ist kein abstrakter Fremdkörper! Die meisten von Ihnen, die hier anwesend sind, sind Betriebsrätinnen oder Betriebsräte. Unsere Funktionärinnen und Funktionäre in allen Gliederungen sind Betriebsräte oder waren es lange Zeit.

Wenn wir von »dem Betriebsrat« sprechen, dann reden wir auch von uns selbst. Aber bemühen wir uns auch ausreichend, das unseren Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben und Büros ausreichend zu vermitteln?

Die GPA — das ist letztendlich nicht mehr und nicht weniger als die Summe jener Menschen, die in den Betrieben und darüberhinaus für die Interessen ihrer Kolleginnen und Kollegen aktiv sind.

In der letzten Zeit wurden wir immer wieder gefragt: Was tut denn die Gewerkschaft eigentlich für ihre Mitglieder? »Die Gewerkschaft«, das ist nichts abgehobenes, ist kein Dienstleistungsunternehmen für irgendwen. Die Gewerkschaft ist dann stark und einflußreich, kann dann etwas für ihre Mitglieder erreichen, wenn es ihr gelingt, ihren Betriebsräten und Mitgliedern zu vermitteln: Ihr selbst seid die Gewerkschaft!

Die Aufgabe der Hauptamtlichen, d.h. primär der Gewerkschaftssekretäre — und wir müssen sie verdammt ernst nehmen — ist, unsere Betriebsräte, unsere Kolleginnen und Kollegen in ihrer Arbeit zu unterstützen, ihnen Rückendeckung zu geben, sie mit Information und Wissen auszustatten. Aber die eigentliche Gewerkschaftsarbeit, die tagtägliche Interessenvertretung in den Betrieben können und wollen wir niemandem abnehmen. Übrigens, es verlangt auch niemand von uns.

Unsere Ortsgruppen sind eine gute, eine wichtige Einrichtung mit einer langen Tradition. Aber wir brauchen ergänzende Angebote, etwa themenzentrierte Arbeitskreise, damit sich engagierte Mitglieder, die spezielle Fragen bearbeiten oder diskutieren wollen, verstärkt in unser Gewerkschaftsleben einbringen können. Wir sollten über neue Angebote nachdenken, um auch für jene Kollegen und insbesondere Betriebsräte attraktiv zu werden, die heute noch nicht Mitglied in der GPA sind.

Dies gilt ganz besonders auch für die Jugend, die einen bedeutenden Stellenwert für die Zukunft der GPA hat. Es ist unbedingt nötig, diese Gruppe vermehrt anzusprechen und zur Mitarbeit zu gewinnen. Jugendliche reagieren heute besonders sensibel auf Tendenzen des Mißbrauches und Privilegienwirtschaft. Immer mehr wenden sich von den etablierten Parteien oder generell von der Politik ab.

Kolleginnen und Kollegen!

Wir hinken heute in unserer altersmäßigen Mitgliederstruktur ca. 30 Jahre hinter der Beschäftigungsstruktur hinterher. Wenn wir dieser Entwicklung nicht rasch Einhalt gebieten, dann könnten wir tatsächlich zu einer Fußnote in der Geschichte werden. Ich bin aber nicht bereit, ein solches Szenario ohne Gegensteuerung hinzunehmen.

Ein weiteres, ganz zentrales Hoffnungsfeld sind für uns die weiblichen Angestellten. Es gibt mehr angestellte Frauen als Männer, jedoch nur 40% davon sind bei uns als Mitglieder organisiert. Es gibt sehr viele engagierte Frauen, die als Betriebsrätinnen engagiert sind. Weibliche Betriebsrats-Vorsitzende gibt es allerdings viel zu wenige. Und noch viel weniger Funktionärinnen. Dies ist für die GPA ein zukünftiges Hoffnungsfeld. Da müssen jedoch auch Schritte gesetzt werden, um die GPA für Frauen attraktiv zu machen.

6. Nächste Schritte

Wie wir in den vergangenen Monaten unser Erscheinungsbild verändert und mit der ›Kompetenz‹ ein neues attraktives Mitgliedermagazin geschaffen haben, werden wir in den kommenden Monaten daran gehen, neue Mitglieder für unsere Gewerkschaft zu gewinnen. Deshalb haben wir auch eine große Werbeaktion für 1995 geplant. Die Zeiten, die vor uns liegen, sind nicht leicht. Jeder einzelne von uns ist gefordert, zur aktiven Mitarbeit, zur aktiven Mitgliederwerbung. Als Vorsitzender der größten Einzelgewerkschaft bin ich nur so stark, wie ich von Euch und allen Mitgliedern unterstützt werde.

Für eines werde ich sicher stehen: Für ein hohes Maß an Unabhängigkeit und Konfliktfähigkeit und für Visionen, um nicht zum Erfüllungsgehilfen für unternehmerische und staatliche Ziele zu werden. Denn: Wer das »Träumen nach vorne« verlernt, wird auf Dauer schwer für die tägliche Auseinandersetzung zu motivieren sein.

Der ÖGB hat in seinem Memorandum an die Bundesregierung keine Veränderung bei der Besteuerung des 13./14. Monatsgehalts gefordert. Auch die GPA bekennt sich dazu. Vor allem wissen wir, welchen hohen Stellenwert im Bewußtsein der Angestellten und Arbeiter die Steuerbegünstigung der Sonderzahlungen hat.

Die GPA stand und steht aber auch für Umverteilung. Wir alle wissen sehr genau, daß die steuerliche Verteilungswirkung des 13. und 14. Gehalts die Besser- und Spitzenverdiener stärker begünstigt. Wir sollten daher auch für zumindest eine Diskussion neuer Steuermodelle beim 13. und 14. Gehalt zur Verfügung stehen, wenn damit steuerlich eine zusätzliche Entlastung bzw. ein realer Einkommensvorteil für die meisten Angestellten und Arbeiter erreicht werden kann und eine Lösung gefunden würde, die von den Betroffenen bei der monatlichen Gehaltsauszahlung nachvollziehbar sein müßte und damit akzeptiert.

*) Am 13. Gewerkschaftstag der Geschwerkschaft der Privatangestellten (GPA), als deren neugewählter Vorsitzender, 10.11.1994 in Wien. Wir gratulieren!

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Dezember
1994
, Seite 11
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Hans Sallmutter:

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