MOZ » Jahrgang 1989 » Nummer 41
Franz Schandl

Aufdeckhengste und Kopfgeldjäger

Ganz Österreich liegt im Skandaltaumel. Nach der Ernüchterung ist bloß der nächste Rausch fällig. Wozu das gut ist, wem das nützt und vor allem, was daran fasziniert, darüber mehr in diesem Beitrag.

„Die Geschichte der Welt ist die Geschichte der Kriege zwischen Geheimbünden“, lesen wir im Vorspann von „Illuminatus!“ des amerikanischen Autorenduos Shea und Wilson.

Und die „Kronenzeitung“ vom 5. Februar verkündet uns folgende Botschaft: „Ein berühmter Literat hat einmal treffend geschrieben, die große Politik sei genauso, wie sie sich der kleine Maxi vorstellt. Jeder Journalist kann diese Weisheit bestätigen.“

Die Erkenntnisse des kleinen Maxi, das müssen wir — gerade nach der neuesten Skandalwelle — zweifelsfrei anmerken, gedeihen auf dieser Weisheit.

Zu Hause, da sitzt er, unser Maxi Österreicher, vor der Kiste, vor der „Krone“, dem „Kurier“, dem „profil“ und den anderen standardisierten Medien. Was er sieht und hört und liest, es ist alles so, wie er es sich vorstellt, eben darum, weil es ihm laufend so vorgestellt wird. Aus den Vorstellungen von Politik für den kleinen Maxi werden die Vorstellungen von Politik des kleinen Maxi.

Noch einmal: Maxi Österreicher kann sich bloß vorstellen, was man ihm vorstellt. Ihn hat nicht zu interessieren, was ist, sondern was los ist. Und los ist, was auf ihn losgelassen ist. Und was losgelassen ist, ist.

Der Kreis schließt sich. Maxi reagiert wie eine Reproduktionsmaschine, ja er ist eine; was sie auf ihn loslassen, das läßt ihn nicht los, Maxi hat weder Kraft noch Willen, sich seinen Vorkäuern und Vorbetern zu entziehen. Sein Leben ist eben anders dimensioniert. Und wenn er träumt — falls überhaupt —, wird es nicht besser, dann träumt er den erlaubten Traum vom Mann — wohl vom großen Maxi —, der mit all der vorgesetzten Scheiße, den Skandalen und Bonzen, den Korruptionierern und Steuerhinterziehern aufräumt.

Journalist 2000

Der Journalist, der modisch abgeklärte, ist die prächtige Ergänzung zu unserem Maxi Österreicher. In letzter Zeit wird er immer mehr zu seinem kollektiven Helden, zum Ritter der Gerechtigkeit im Kampf, bei der Jagd nach den ausgemachten Delinquenten.

Der Journalist hat heute zu bestätigen, was Maxi Österreicher schon vorher dachte, wie er vorgestern bestätigte, was er übermorgen wieder bestätigen wird. Er wird angehalten und ausgehalten, die Vorstellungen Maxis Maxi vorzustellen, sie zu festigen. Es ist das „Vor“ vor der Stellung, die dieser bezieht, es ist das „Vor“ vor dem Urteil, das dieser sein Eigen nennt.

Die höchste Steigerungsstufe dieses Typus — wohl eine Art Journalissimus — ist der Kopfgeldjäger.

Sein Colt ist die Feder, Recht ist ihm das Recht des Stärkeren, wie seine gesamte Moral aus dem Repertoire des Italo-Western entlehnt ist. Seine Geschichten müssen nicht stimmen, damit sie die nötige Stimmung erzeugen. Seine Methoden der Informationsbeschaffung bleiben in diesem gesellschaftlichen Kontext meist unhinterfragt. Legal oder illegal, das ist den Herren nämlich wirklich scheißegal, das tangiert sie kaum.

Die Korruption im Skandal erfordert so die Korruption der Aufdeckung. Doch die Geschichte der Enthüllung ist ein Tabu-Thema. Abgehörte Telefone, Bespitzelung von Personen, weitergegebene Amtsgeheimnisse, Erpressungen, Einbrüche, das alles erscheint selbstverständlich, ist nicht Gegenstand irgendeiner öffentlichen Debatte. Michael Prager, einer der ganz wenigen Journalisten, der nicht nur an Hand der Lucona-Affäre gegenzusteuern versucht, konstatiert in seiner Serie in der Zeitschrift FORVM einen „geradezu permanenten Bruch von Amtsgeheimnissen (...) Mit Justizangehörigen, Ministern und deren Sekretären als zumindest möglichen Tätern.“

Die Machenschaften im Dreieck Medien—Politik—Justiz, die gehen niemanden etwas an. Die Frage, aus welchen trüben Kanälen so manche Kopfgeldjäger ihre Informationen fischen, sie wird nicht gestellt. Oder wie Prager über die Koryphäe dieses Metiers vermeint: „Auch wenn kein Reporter, keine Öffentlichkeit dabei waren: Worm kann berichten.“ Es stimmt halt, wenn Peter Rabl im „profil“ schreibt: „Politik hat nun einmal brutale Gesetze, Mediendemokratie noch brutalere.“ Nur, welche bitte? Und vor allem, wer definiert sie?

Die Skandalpresse

Die Gesetze der österreichischen Skandalpresse sind natürlich nicht von den Journalisten selbstgemacht, sondern folgen den gesellschaftlichen Interessen ihrer Eigentümer.

So offensichtlich diese Besitzverhältnisse sind, so wenig stößt sich heute jemand an dem selbstgegebenen Vokabel „unabhängig“.

Es wird hingenommen, als wäre es Tatsache. Derweil ist es doch einfach ganz anders: wo „unabhängig“ draufsteht, ist nichts anderes als die bürgerlich-kapitalistische Medienmacht drinnen. Natürlich ist das ein Schlagwort. Aber doch ein sehr schlagkräftiges.

Vorrangiges Ziel dieser kapitalabhängigen Medien, d.h. also fast aller schlechthin, ist die ideologische und zunehmend auch politische Vorherrschaft über Parteien und Verbände. Deren privater Charakter soll beseitigt und ersetzt werden durch die unmittelbare Verfügung der Gazetten und Sender auf ebendiese. Der Skandal ist hier Mittel zum Zweck. Er verdeutlicht einerseits die Macht der Medien durch ihr unverschämtes Wissen und führt andererseits in der Figur des korrupten Ministers oder Mandatars zu einem permanenten Vertrauensschwund gegenüber Politikern überhaupt. In diesem fatalen Wechselspiel sind die zum Schluß genannten die eindeutigen Verlierer.

Die Einschüchterungsrichtung hat sich in den letzten Jahren merklich verkehrt. Die Machtproben endeten auch meist mit den Abgängen der inkriminierten Politiker. Die Proksch-Affäre ist ja nichts anderes als ein willkommener Anlaß, um dem störrischen SP-Apparat eins auszuwischen. Sicher gibt es da manchmal Rückschläge, man denke nur an die Schlappe gegen die — übrigens nicht nur von der „Krone“ aufgepäppelte — Mannschaft um Jörg Haider und Heide Schmidt.

Die Niederlage der Skandalpresse gegen den Skandalpolitiker bedarf jedoch gesonderter Überlegungen, zu ähnlich ist Haiders Auftreten jenem der Medien, zu deutlich setzen beide auf die Amerikanisierung der Politik in diesem Land. Aufdeckung wirkt so nur in eine bestimmte Richtung, nämlich gegen die mit Restideologien behafteten Apparate der Großparteien. Diese waren und bleiben das eigentliche Ziel des Antikorruptionismus. Die aufbereiteten Fälle dienen dazu, sich die Politiker gefügig zu machen bzw. gefügig zu halten. Und wer nicht spurt — eine Steuersache ist schnell gefunden, weil sie sich bei jedermann finden läßt.

Die erste Geige im österreichischen Skandalblätterwald spielt zweifellos „profil“, die wöchentliche „Kronenzeitung“ für Zweitbuchbesitzer.

Skandal und Antisozialismus der buntesten Art sind die beiden Monopolthemenkomplexe des Kleinformats. (Im Feuilleton, wir sollten es nicht vergessen, dürfen sich, wie in jedem Feuilleton einer angesehenen Zeitschrift, die Linken austoben.) Und alle folgen diesem Trend, streiten untereinander um den besten Aufdeckhengst, von „WIENER“ bis „BASTA“, von Falk bis „FALTER“.

In einer wahrhaft grandiosen Ankündigung verspricht etwa der Letztgenannte in seiner Serie „Pilz gegen Filz“, „Noch mehr Intimitäten!“, „Noch mehr Skandale!“, ja „Noch mehr Schweinereien!“. Und der „FALTER“ kennt sein Publikum und dessen Wünsche. Zweifelsohne.

Was medienoffiziell hoffnungsfroh stimmt und uns erschüttert: von wenigen Betroffenen abgesehen, sind sich alle einig.

Dem Ziel, der Rettung der Demokratie (korrekt: bürgerlich-demokratische Diktatur des Kapitals; aber das nur nebenbei), will sich niemand verweigern. Und so singen sie im Medienchor: Hans Rauscher, die tägliche Speerspitze des Extremismus der Mitte, gab vor Monaten der Demokratie schon ihre letzte Chance, um sie heute zu bejubeln, und zwar all ihre Werte, angefangen von der freien Marktwirtschaft bis zur freien Presse.

Und nicht bloß hier und jetzt, sondern überhaupt und überall.

Da kann es sich bloß noch um den Endsieg handeln. Der „STANDARD“ ist da etwas skeptischer, er sieht bloß ein „Lebenszeichen der Demokratie“, doch immerhin. Der Grünen Wabl, das Gemeinsame hervokehrend, erkannte im Lucona-Spektakel gar eine „funktionierende Demokratie“. Und auch Josef Haslinger, dieses aufstrebende Gewissen der Nation, versprüht geradezu Optimismus, selbst die Niederlage gegen Waldheim wird da in einen Erfolg umgebogen: „Die neu erwachte Sensibilität der österreichischen Medien gegenüber der politischen Macht ist meines Erachtens Folge einer Entwicklungshilfe (sic!), die uns ausländische Medien (sic!) in der Auseinandersetzung um Waldheim gewährt haben.“ Nach dem bereits Gesagten erübrigt sich da wohl jeder Kommentar. Diesem Lob der nationalen und internationalen Presse können wir aber auch gar nichts abgewinnen. Da loben wir uns doch die handfesten Leserbriefe, die die hiesigen Gazetten erhalten, deren Sprache eindringlicher und deutlicher anzeigt, wohin wir marschieren. In Dankbarkeit ergehen sich unsere Leser vor ihren Helden, um sie dann konsequent zu Ende zu denken. Zwei Kostproben aus dem „profil“, bitte: „Es wäre nicht auszudenken, was 100 Pretterebners auf Österreichs Politebene anrichten könnten. Die Allmacht parasitärer Parteibonzen könnte sich keinesfalls so üppig entwickeln wie bisher.“

Oder: „Es ist zu hoffen, daß der Justizsprecher der SPÖ, Sepp Rieder, diesen faszinierenden Leitartikel von PML im ‚profil‘ gelesen hat und künftig auch danach handelt“ (beide: „profil“ 8/89). Man sieht, die Leser haben die Botschaft verstanden: „Rieder, folge!“, „Weg mit den parasitären Parteibonzen!“, „Schafft zwei, drei, viele Pretterebners!“ usw. Ja, ja, es ‚wäre wahrscheinlich nicht auszudenken.

Der Skandal ...

Skandalisierung und Antikorruptionismus nützen eindeutig der rechten und der extremen Mitte. Ein Teufelskreis, der nicht durchbrochen werden kann, denn Kritik richtet sich nicht gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern stets gegen Einzelpersonen und/oder Personengruppen.

Der Skandal stilisiert bestimmte Erscheinungen des Systems, reißt sie aus all ihren struktiven Zusammenhängen und erschwert in seiner medialen Aufbereitung gezielt den Blick auf das Ganze. Denn das Allgemeine soll verborgen bleiben, darf nicht zur Frage oder gar zu einem Problem werden. Der Skandal kann nur als Skandal erkannt werden, wenn die Normalität als normal anerkannt wird.

Skandalaufdecken ist somit ein bedeutender Bestandteil des bürgerlichen Systems, lassen sich doch dadurch „Offenheit“ oder die „Korrektur von Fehlern und Machenschaften“ lautstark demonstrieren. Rechtsstaat, Demokratie und freie Marktwirtschaft, oder unfreundlicher: Repression, Polizei, öffentliche Gelöbnisse und Strafverfolgungen kommen wieder zu Ehren. Werte werden verfestigt, nicht erschüttert.

Die größte Lüge ist also jene, die Skandal und Norm einander diametral gegenübersieht.

Lucona — abgesehen von der uns allgemein konstatierten Tendenz — es war vorher nicht anders, es wird nachher nicht anders sein. Von der Mehrzahl der gesunkenen Schiffe — gestern, heute, morgen — werden wir nie etwas (zu) erfahren (haben). Doch nur, weil man es nicht erfährt, die Aufdecker es nicht wissen oder eben ihr Wissen nicht preisgeben, braucht man sich doch nicht gänzlich von jeder Erkenntnis zu verabschieden. Es wäre dumm, nur zu erkennen, was wir erfahren, oder besser: was wir erfahren dürfen aus den vorgerichteten und — wie der Name schon sagt — nachgerichteten Nachrichten.

Der Skandal hat seine Funktion im System und nicht im Kampf gegen es. Er gehört dazu, und die auf ihn bauen, sei es in Schilling oder in Wählerstimme, ebenso.

.. ist männlich!

Aufdecken, Enthüllen ist eine typisch männliche Angelegenheit.

Es erfordert den männlichen Blick.

Ganz egal, um welches Ding es sich im Kopf des Mannes handelt. Die Aufdecker sind nicht rein zufällig allesamt Männer, Aufdeckhengste eben.

Sie interessiert wenig, was dahinter steckt, aber irrsinnig, was darunter ist. Enthüllt es! Es geht um die Nacktheit der Dinge, nicht um die Substanz von Sachverhalten und Problemstellungen.

Aufdecken ist ein quasi-sexuelles Spiel, die in ihm behandelte Politik wird zusehends zu einer Peep-show.

Mann geilt sich an den Objekten auf, mann spritzt ab, wenn einer abgeschossen wird. Die Stoßrichtung muß stimmen, der feuchte Saft muß in und zwischen die Zeilen rinnen. Der Leser muß gebannt darauf warten, was die Überschrift verspricht: Jetzt kommt’s! — Aufdecken ist eine Lustseuche, ihr Ziel ist der Raub individueller Geheimnisse und die Zerstörung der Privatheit schlechthin.

„Skandale, Intimitäten, Schweinereien“, titelte der Falter sein Pilz’sches Logbuch. Diese „logische“ Reihe ist kein Ausrutscher, sondern so gemeint. Es ist ebensowenig ein Zufall, wenn der „WIENER“ seine Enthüllungen mit einer enthüllten Frau bewirbt.

Es geht um die Oberfläche, diese ist gut sichtbar zu machen; uns interessiert im konkreten Fall daher nicht die Frau, sondern bloß ihr entblößter Körper. Wir kennen unsere Titelfrau aber keineswegs dadurch besser, weil wir sie nackt sehen. Aufdeckung, das heißt Konzentration auf Merkmale und Bestandteile, nicht jedoch auf das Wesentliche.

Sex and crime, wie nahe sind sie sich doch gekommen, welch orgiastische Höhepunkte feiern sie in unseren zeitgeistigen Gazetten. Ein ganzes Journalistenvolk versinkt in diesem rauschigen Taumel.

Wichsende Voyeure lauern in Kästen, hinter Schlüssellöchern und in Telefonhörern. Keine Schweinerei soll zugelassen sein — und er sie nicht mitnaschen dürfen. Und jeder möchte der beste Aufdeckhengst sein und die meisten Kopfprämien kassieren. Als Diener der Herrschaft sind sie so auch keineswegs an der Abstellung der Skandale interessiert. Was würde dann ihre Lust befriedigen? Nein, nein, nicht um die Abstellung geht es, sondern vielmehr um die Aufstellung.

Der grüne Star

Natürlich macht Peter Pilz eine gute Figur im Lucona-Ausschuß. Wer will das abstreiten. Aber warum? Eben weil er bloß eine Figur und nicht Akteur im Spiel ist. „Aber, aber“, wird man jetzt einwenden, „Pilz deckt doch auf?“ — Nein, nein, er tischt auf, das aber kräftig.

Die folgende Frage muß also nicht bloß erlaubt sein — wenn wir annehmen, daß Pilz Blecha oder Thaller weder selbst beschattete noch beschatten ließ —, sondern sie ist von geradezu erstrangiger Bedeutung: Wer füttert Pilz? Wer garantiert seine Figur? Wo sind die Köche des üppigen Mahls? Wer steht da in der Küche? Wer bereitet das Aufzudeckende, das Pilz dann einer zum Staunen verurteilten Menge in seiner groben Art auftischt? Ja, wer? Ja, wo sind die Gerüchtekücheköche, die sich einen solch wohlgenährten Kellner halten? Und wer bezahlt die? Wer liefert Material? Und wo liegen die Leichen? Wo werden solche Waren gehandelt? Und wes Preises sind sie?

Pilzens Nachspeise in der „FALTER“-Serie ist da eher ein fades Gericht. Eine Art Erlebnisaufsatz, dem es gelingt alles Wesentliche entweder nicht zu erkennen oder es vorteilhafterweise zu vergessen.

Inhaltlich finden wir nichts Neues, es plätschert so dahin: „Michael ist auf Helene böse. Sie hat ihm wieder eine Frage weggenommen. Helene stichelt zurück, Michael kränkt sich. Wenn das einmal umschlägt, wird es die große Liebe.“

So etwa plaudert Pilz sich durch die Wochen. Auch anderes bleibt unkommentiert.

„9. Februar“, schreibt Pilz, „Lucona-Veranstaltung in Saalfelden. Wir haben zum ersten Mal bei einer Wahlveranstaltung Eintritt verlangt. Der Saal ist voll, der Haß der Leute auf die da oben paßt nicht zu den Faschingsgirlanden. Einer steht auf und fragt, wer da eigentlich noch aufräumen könne. Dem Haider habe man es zugetraut, jetzt, nach Steuerschonung und Proksch-Treffen, sei da auch nichts mehr.

Normalerweise tragen Skandale zur Stabilisierung des politischen Systems bei. Und meistens drängen sie nach rechts. Starke Männer sind dann gefragt. (...) Der Fall Lucona hat uns Rückenwind gebracht. Wir müssen aufpassen, daß der Wind nicht in die falsche Richtung weht. Der Skandal ist aber auch eine Chance für Aufklärung. Hoffentlich.“ Tja, so locker kann man es auch sehen, kein Wort über die spezifische Qualität des Rückenwinds, kein Wort über den Sucher eines neuen Haider, kein Wort über den Charakter, der den „Haß der Leute auf die da oben“ prägt. Nichts fällt Pilz dazu ein außer ein frommer Wunsch. Und der wird nicht in Erfüllung gehen.

Noch einmal zu unserer Frage: Wer mit wem? Da sie niemand beantworten will, versuchen wir es selbst.

Unserer Ansicht nach ist das Zusammenspiel zwischen den „profil“-Aufdeckern Worm und Lackner einerseits und Pilz andererseits durchaus naheliegend. Gleich nach den ersten Sitzungen wird Pilz in unserem wöchentlichen Kleinformat zum „Inquisitor aus Kaisermühlen“, Herbert Lackner, ein alter Freund aus Sozitagen, kann sich vor lauter Schwärmen für den Ex-Genossen gar nicht mehr zurückhalten: „Nichts geht mehr zwischen Wien und Salzburg, ohne daß Pilz umgehend davon Wind bekommt“, schreibt er, ohne auch nur im geringsten anzudeuten, woher der Wind weht und wer die künstliche Windmaschine betätigt. Und Alfred Worm persönlich verfaßt zum Artikel des von der „AZ“ abgeworbenen Kollegen ein Tagebuch der „Lucona-Irrungen“.

Wem gehört Pilz?

Pilz revanchiert sich im „FALTER“. „Nach Demel kommt Alfred Worm. Er kann sich an das Gespräch mit Demel im Flugzeug nach Bangkok genau erinnern. Sein Aktenvermerk liegt vor, sein weiteres Verhalten nach der Rückkehr aus dem Fernen Osten liefert Indizien für die Richtigkeit seiner Aussage.“

Abgesehen davon, daß Worms Behauptungen, liest man sonstige Zeugenaussagen, eher auf wackeligen Beinen stehen, ist es schon auffällig, daß Pilz alle Personen mit Samthandschuhen anfaßt, die dem „profil“ nahestehen (Worm; Masser, der sowohl Anwalt des Magazins als auch der Bundesländer-Versicherung ist; Pretterebener; Guggenbichler). Aber auch im „profil“ und dem vorgelagerten „Kurier“ finden wir in den letzten Wochen kein böses Wort mehr über Pilz und seine Grünen, da wird keine linke Vergangenheit mehr vorgehalten, da werden keine Radikalismen mehr im Klub beobachtet. Seltsam — oder doch erklärlich?

Natürlich können wir auch irren, die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gering. Eines ist hundertprozentig klar: Pilz ist ein Werkzeug fremder Macht!

Wenn unsere Vermutungen nicht stimmen, kann es nur noch schlimmer sein.

„Wem gehört Pilz?“ ist unsere banale Frage. Wer hält diesen „Inquisitor aus der Donaustadt“?

Apropos Logbuch: Jahrhunderte vor Peter Pilz schrieb schon ein anderer politisch Reisender seine Art Logbuch: Jonathan Swift sein Name. Wenn uns nicht alles täuscht, dann hat er auf seinen fantastischen Reisen zwischen Liliput und Brobdingnag, zwischen Laputa und Glubbdubdrib irgendwo auch einen Vorfahren unseres grünen Stars — laut medizinischen Lexikons übrigens charakterisiert durch einen trüben, milchigen Blick, der manchmal zur Erblindung führt — getroffen, und zwar auf Balnibarbi, einer Insel, ziemlich rechts auf der Erdenkugel. Über diesen schreibt Swift: „Ich ging in ein anderes Zimmer, aus dem ich mich aber schnellstens wieder zurückziehen wollte, da mich ein furchtbarer Gestank beinahe überwältigte: Doch der Führer schob mich vorwärts, indem er mich im Flüsterton beschwor, kein Ärgernis zu erregen, was man mir im höchsten Grade übelnehmen würde, und so wagte ich nicht einmal, die Nase zuzuhalten. Der Skandalmacher in diesem Raum war ein junger Abgeordneter des Parlaments, Gesicht und Körper waren leicht aufgeschwemmt, Hände und Kleider mit Kot bedeckt. Als ich ihm vorgestellt wurde, umarmte er mich herzlich, ein Kompliment, das ich gut hätte entbehren können. Seit seinem Einzug in das Abgeordnetenhaus beschäftigte er sich mit dem Versuch, menschliche Exkremente durch Trennen verschiedener Bestandteile, durch Entfernen der Galle, des Geruchs und des Geschmacks wieder in Nahrungsmittel zurückzuverwandeln. Die Medienmacher hatten ihm dafür wöchentlich ein mit Menschenkot gefülltes Gefäß von der Größe einer Schiffstonne bewilligt.“

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Mai
1989
, Seite 8
Autor/inn/en:

Franz Schandl:

Geboren 1960 in Eberweis/Niederösterreich. Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Wien. Lebt dortselbst als Historiker und Publizist und verdient seine Brötchen als Journalist wider Willen. Redakteur der Zeitschrift Streifzüge. Diverse Veröffentlichungen, gem. mit Gerhard Schattauer Verfasser der Studie „Die Grünen in Österreich. Entwicklung und Konsolidierung einer politischen Kraft“, Wien 1996. Aktuell: Nikolaus Dimmel/Karl A. Immervoll/Franz Schandl (Hg.), „Sinnvoll tätig sein, Wirkungen eines Grundeinkommens“, Wien 2019.

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