Streifzüge » Print-Ausgaben » Jahrgänge 2001 - 2010 » Jahrgang 2007 » Heft 39
Christoph Wendler
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Akademische Prekarisierung

Dieser Tage zeigt sich einmal mehr das „Elend im Studentenmilieu“, gegen das schon die Situationistische Internationale zu einer Zeit polemisiert hat, als eine andere Welt greifbar schien, nämlich kurz vor der 68er-Bewegung. Damals wie heute trifft ihre Analyse, die das Dilemma der StudentInnenschaft vor Augen führt, ins Schwarze: „Wie ein stoischer Sklave glaubt der Student sich umso freier, je mehr alle Ketten der Autorität ihn fesselnGenau wie seine neue Familie, die Universität, hält er sich für das gesellschaftliche Wesen mit der größten ,Autonomie‘, während er doch gleichzeitig und unmittelbar von den zwei mächtigsten Systemen der sozialen Autorität abhängt: der Familie und dem Staat.“

Kein Wunder also, dass Kritik am Bildungssystem – sofern überhaupt noch Unmut wirklich laut wird – zumeist kein antikapitalistisches Vorzeichen hat. Wo dieses fehlt, werden aber die aktuellen Reformen, die klar im Dienste einer optimierten Human-Kapitalverwertung stehen, auf keinen ausreichenden Widerstand stoßen, obwohl die Studierenden dadurch in wachsendem Maße in Konkurrenz verschlissen, ganz nach dem Ideal des betriebwirtschaftlich kalkulierenden homo oeconomicus abgerichtet werden. Fürs „autonome“ Nachdenken bleibt kaum Zeit unter dem Druck verschärfter Selektion und effizienzorientierten Leistungszwangs (Zugangsbeschränkungen, knock-out Prüfungen, Studiengebühren etc.). Die Illusion einer egalitären Bildung platzt wie eine Seifenblase und macht einer elitären Bildungsmaxime Platz. Die allerdings bleibt ihrerseits nicht verschont, denn die Wissens-Prekarisierung frisst ihre Kinder! Wie weiter?

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Erstveröffentlichung im FORVM:
März
2007
, Seite 34
Autor/inn/en:

Christoph Wendler: Geboren 1984, lebt und studiert in Wien. Zu seinen Studienschwerpunkten zählen Politikwissenschaft, Geschichte und Philosophie. Er beschäftigt sich bevorzugt mit gesellschaftskritischen Analysen. Sein theoretisches Hauptaugenmerk gilt dabei der Kritik der politischen Ökonomie und der Kritischen Theorie, mit welcher er gerne seine Auffassung von „Theorie als Praxis“ verteidigt: „Praxis, welche die Herstellung einer vernünftigen und mündigen Menschheit bezweckt, verharrt im Bann des Unheils ohne eine das Ganze in seiner Unwahrheit denkende Theorie.“ (Theodor W.Adorno) Darüber hinaus setzt er sich intensiv mit gesellschaftlichen Transformationsprozessen und sozialen Bewegungen (u.a. in Lateinamerika) auseinander, die er mit großem Interesse zu verfolgen pflegt.

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