Medienecke
Robert Zöchling

Zum Sterben zu viel — zum Leben zu wenig

Der Markt, der Staat und die Politikverdrossenheit der Politiker. In diesem Bermudadreieck verschwinden Jahr für Jahr Zeitungen, Zeitschriften und Buchverlage. Und über Atlantis weiß man noch immer nicht sehr viel.

Das gedruckte Wort ist nicht mehr viel wert. Es sei denn, man befreit es so weit wie möglich von Inhalt und rahmt es ein, damit es den Konsum irgendwelcher Produkte preise, seien die Glumpert oder keines. Dem mehr oder weniger entsetzten Getue des einen Politikers oder des anderen Journalisten zum Trotz ist die Konzentration von immer mehr Geld und Lesern auf Produkte des Typs „Boulevard“, „Zeitgeist“, „Konzernmedium“ und wie sie noch heißen mögen weder neu noch überraschend, sondern normal. Ehrlich entsetzte Überraschung ist weder den Politikern noch den Journalisten zuzutrauen. Die haben immer schon gewußt, daß sie den Markt meinen, wenn sie von Öffentlichkeit reden. Sie müssen es wissen, da sie sich auf dem selben Markt feilbieten. Was sich hier etikettenschwindlerisch „Medienpolitik“ nennt ist hinsichtlich des Förderungsunwesens in erster Linie als privilegierte Wirtschaftsförderung für jene Printprodukte verstanden und gesetzlich verankert, die als Kataloge einer marktförmigen Politik ebenso fungieren wie als Kataloge für Getränke- oder Sportartikelerzeuger.

sog. „Presseförderung“

Die Presseförderung, auch mit dem Attribut „große“ belegt (denn es gibt auch die „kleine“, die aber keine „richtige“ ist), ist im Presseförderungsgesetz 1985 [1] (Urfassung aus 1975) geregelt und betrifft jene Medien, die „mindestens 50 mal jährlich erscheinen, sowie zum größeren Teil in Österreich“ erhältlich sind (§2 Abs.1 Z 4), „sie müssen auf Grund ihres Inhaltes über den Kreis der reinen Fachpresse hinausreichen ...“ und dürfen weder Kundenzeitschriften noch Presseorgane von Interessenvertretungen sein (Z 1). Zudem müssen sie „bei Einbringung des Ansuchens auf Zuteilung von Förderungsmitteln seit einem Jahr regelmäßig erscheinen und in dieser Zeit die [übrigen, zö] Voraussetzungen für die Förderung erfüllt haben.“ (Z 5). Zu diesen Voraussetzungen gehören auch eine nachprüfbare verkaufte Auflage von mindestens 5.000 Stück (Wochenzeitungen) bzw. 10.000 Stück (Tageszeitungen) sowie mindestens zwei bzw. drei hauptberuflich tätige Journalisten.

Das heißt: Es muß sich um eine Tages- oder Wochenzeitung handeln, die bereits durch ein Jahr gezeigt hat, daß sie sich am Inlandsmarkt als solche behaupten kann. Je besser sie sich behauptet, umso reichlicher wird sie dann aus Budgetmitteln beschenkt — das ist kein verspäteter Aprilscherz, sondern Gesetzestext: „60 vH der hiefür im Bundesfinanzgesetz vorgesehenen Mittel werden unter Berücksichtigung der Höhe der Jahresumsatzsteuer vergeben, die sich für die periodische Druckschrift aus dem nach dem Endverkaufspreis berechneten Vertriebserlös im vergangenen Kalenderjahr ergeben hätte.“ Das heißt: 60% von 60 bis 80 Millionen Schilling werden ohne weiteres Kalkül nach der verkauften Auflage ausgeschüttet, mit den restlichen 40% beteiligt sich der Bund großzügigerweise und wieder ohne jegliches zusätzliche Kalkül an den Postvertriebs-, Fernschreib- und Telefonkosten (Z 2 und 3). Einzige Einschränkung: Keine Tageszeitung darf mehr als 5% und keine Wochenzeitung mehr als 0,8% vom Kuchen bekommen (Z 4). Was dies alles in Schillingbeträgen bedeutet, ist den Tabellen zu entnehmen. Die Urfassung dieses Gesetzes wurde am 3. Juli 1975 im Nationalrat beschlossen — die Debatte dazu wurde in einem mit dem „Bundesgesetz über die Aufgaben, Finanzierung und Wahlwerbung politischer Parteien (Parteiengesetz)“ abgeführt. Man bediente also praktischerweise Schmiedl und Schmied gleichzeitig. Zur Presse fiel den Abgeordneten, wie die Durchsicht der stenographischen Protokolle [2] zeigt, nicht allzu viel ein — der Tenor der Debatte ungefähr: Alles hat seine Schwächen, aber wir glauben dennoch ...

Eine gewisse Hellsichtigkeit bewies gegen Schluß der Debatte noch der Abgeordnete Glaser (ÖVP):

Das heute zu beschließende Bundesgesetz zur Förderung der Presse stellt meiner Meinung nach — und hier bin ich im Gegensatz zur Auffassung des Abgeordneten Blecha — nur einen sehr bescheidenen Versuch dar, diese Meinungsvielfalt zu erhalten und zu sichern, denn wer diesen Gesetzesentwurf etwas näher betrachtet [was man bekanntermaßen bei einem Abgeordneten zum Nationalrat nicht so ohne weiteres voraussetzen kann, zö], der wird so wie ich zu der Auffassung kommen, daß dieses Gesetz richtiger heißen müßte: „Gesetz zur Förderung großer Zeitungen“. Für die kleinen Tages- und Wochenzeitungen — das möchte ich für die Damen und Herren auf der linken Seite dieses Hauses sagen, die sich ja auch ehrlich bemühen [!!, zö] und die oft große Schwierigkeiten überwinden müssen, um ihre Parteizeitungen in den Bundesländern erhalten zu können [jetzt ist’s heraußen, zö], ist nämlich in diesem Gesetzesentwurf wirklich sehr, sehr wenig enthalten.

In der Tat: Sie sollten es noch bereuen, die beherzten Worte des Abgeordneten Glaser nicht ernst genommen zu haben. Erst 1984, als bereits bei einigen Parteiblättern der Hut brannte, versuchte man die Sache noch hinzubiegen: durch Einfügung eines Abschnitt II in das PresseförderungsG mit dem moralisch unverdächtigen Titel „Besondere Förderung zur Erhaltung der Medienvielfalt“. [3] Zu spät: 1987 Einstellung der steirischen ÖVP-Tageszeitung Südost-Tagespost, ab Juni 1987 erscheint das Oberösterreichische Tagblatt nur noch als Lokalausgabe der Neuen AZ (noch SPÖ), die steirische SP-Zeitung Neue Zeit wird 1987 von ihren Mitarbeitern übernommen und unter größten Schwierigkeiten weitergeführt, im September 1989 wird die AZ an den Inhaber einer Werbeagentur verkauft, die ÖVP stößt ihr Kärntner Organ Neue Volkszeitung ab — es wird 1990 endgültig eingestellt. [4] Selber schuld, könnte man sagen — und allzu viel scheint den Parteien ohnehin nicht an ihren Zeitungen gelegen zu haben.

Zumindest schrullig erscheint indes die in jüngerer Zeit populär gewordene Angewohnheit der Politiker, mit der einen Hand Förderungsmillionen an die verbliebenen, kommerziell unverschämt erfolgreichen und zum großen Teil in (deutschen) Konzernhänden befindlichen Zeitungen zu verteilen, während sie mit der anderen Hand auf den Tisch hauen, um der gerade modischen Klage über den Verlust der Meinungsvielfalt und die Gefährdung der Demokratie Nachdruck zu verleihen.

Sachverhalt, Teil 1 (von Günther Nenning):

Die Medien kriegen Geld, weil sich die Politiker erwarten, daß sie dann netter über sie schreiben, und die Medien nehmen das Geld und schreiben trotzdem nicht nett oder gerade deshalb noch weniger nett. [5]

Zwischenfrage: Sind die Politiker, so sie dieses Spiel mitspielen, idiotisch?

Sachverhalt, Teil 2 (von Paul Yvon):

... also das ist überhaupt das Allerärgste, die Presseförderung. Wie dort reine Politik gemacht wird und keineswegs Medienpolitik oder Schutz der Meinungsfreiheit oder Schutz der Demokratie. Es sind keine bösen Menschen, die da sitzen im Bundeskanzleramt oder in den Parteien ... Das sind feige Menschen, die wollen sich mit dem Herrn Dichand und mit dem Herrn Falk nicht anlegen. ... Wenn ich ins Bundeskanzleramt zu einem Gespräch über Presseförderung gehe, kann es mir passieren, daß ich mit 100.000 Konzepten komme und die hören mir alle lächelnd zu und sagen ja, ja, das ist sehr schön, das wollen wir auch alle. Aber passieren tut nichts — passieren tut das, was dem Herrn Dichand nicht weh tut. ... Wenn der Bundeskanzler sagt, wir geben dem Herrn Dichand 200 Millionen, weil wir dem Falk schon 200 Millionen gegeben haben, weil sonst ist der Dichand böse, so kriegt der Dichand die 200 Millionen — und er kriegt sie nicht über die Presseförderung, sondern über das Sozialministerium, über die Arbeitsmarktförderung. So, und damit die anderen Zeitungen jetzt still halten, wird die Presseförderung erhöht, da kriegen die diesmal sehr viel mehr aus diesem zweiten Topf der Presseförderung [also nach Abschnitt II des PresseförderungsG, zö], die werden alle brav still sein. [6]

Fassen wir zusammen:

  1. Die Politiker geben vor, Medienpolitik zu betreiben,
  2. sie glauben, damit die Zeitungen zu bestechen, werden aber
  3. erpreßt und lassen sich erpressen
  4. Erpreßbare Politiker sind, demokratiepolitisch betrachtet, eine enorme Gefahr.
  5. Was soll man mit solchen Politikern machen?

sog. „Publizistikförderung“

Sie wird auch mit dem Attribut „kleine“ belegt (denn es gibt auch die „große“, die aber auch keine „richtige“ ist) und versteckt sich deshalb im Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 [7] hinter der Förderung der Bildungseinrichtungen der politischen Parteien. Vorweg muß festgehalten werden, daß diese Förderung 1990 insgesamt etwa mit jenem Betrag dotiert war, den der Mediaprint-Konzern alleine an Mtteln aus der Presseförderung erhielt. Dieser vergleichsweise lächerliche Betrag von knapp 5 Millionen Schilling soll nun auf jene periodischen Druckschriften aufgeteilt werden, die „mindestens viermal und höchstens vierzigmal jährlich zum Verkauf erscheinen und nicht mehr als 50 vH gratis abgeben“ (§ 7 Abs.1 Z 1), die weiters „ausschließlich oder vorwiegend Fragen der Politik, der Kultur oder der Weltanschauung (Religion) oder der damit zusammenhängenden wissenschaftlichen Disziplinen auf hohem Niveau abhandeln und dadurch der staatsbürgerlichen Bildung dienen“ (Z 3) und die schließlich „nicht nur von lokalem Interesse sind und in mehr als einem Bundesland in einem zur Gesamtauflage angemessenen Umfang verbreitet sind“. Man merkt sofort, daß der Gesetzgeber an die „kleinen“ Medien, für die ja die „kleine“ Förderung in der Praxis trotz ihres hohnspottenden Umfangs oft lebenswichtig ist, wesentlich höhere Ansprüche stellt, als an die großen Tages- und Wochenzeitungen. Fachzeitschriften sollen sie sein oder wenigstens so etwas ähnliches. Außerdem sollen sie gefälligst schauen, daß sie einen überregionalen Vertrieb herstellen, womit nicht nur regionale Alternativblätter und Kulturzeitschriften von vorneherein ausgeschlossen werden sondern auch andere kleine Zeitschriften, denen es — zumal bei dieser staatlichen Förderung — einfach nicht gelingt, außerhalb ihres Erscheinungsortes ein Vertriebsnetz aufzubauen. Außerdem ließ es sich der Gesetzgeber hier zum Unterschied von der Presseförderung auch einfallen, erst einmal nach dem Förderungsbedarf zu fragen: Förderungsmittel können (PresseförderungsG: „müssen“ — das nur nebenbei) gewährt werden, sofern „die Förderung im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage der periodischen Druckschrift erforderlich ist“ (§ 7 Abs.1 Z 7). Dies ist in der Praxis der Bundesregierung und ihres Beirates durch ein Defizit in der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung darzutun — es wird auch nur dann Förderung gewährt, wenn der erreichbare Höchstbetrag „in einem vernünftigen Verhältnis“ zum ausgewiesenen Defizit steht (der Höchstbetrag lag 1990 bei 159.070,30 Schilling, wurde allerdings nur an zwei Zeitschriften mit verhältnismäßig hoher Auflage vergeben): zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Wie die Tabelle zeigt, ist sowohl die Förderungssumme als auch die Zahl der Förderungsanträge seit 1980 rückläufig. 1990 langten 215 Anträge rechtzeitig ein — nach Erhebungen des Institutes für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien [8] existieren allerdings allein im Bereich der Alternativmedien an die 400 Titel, die einer Förderung unter dem Gesichtspunkt der Medienvielfalt ebenso zugänglich sein sollten.

Unter dem Strich ist die Publizistikförderung nicht nur honspottend unterdotiert, sondern auch halbherzig und unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung oder Schaffung von Meinungsfreiheit und -vielfalt unsachgemäß geregelt. Diesbezügliche Bedenken tauchten auch schon bei der Einführung des Gesetzes 1972 auf:

Während sich die politische Bildungsarbeit noch an ausländische Vorbilder anlehnen konnte, ist der Abschnitt II, nämlich bezüglich der Förderung der Publizistik, die der staatsbürgerlichen Bildung dient, völliges Neuland, das in Österreich begangen wird. Es war zu debattieren, ob das in diesem Zusammenhang besser ausgelassen worden wäre. Man hat sich nun entschlossen, auch das miteinzubinden. [9]

(Abg. Dr. Prader in der Nationalratsdebatte). Und weil man halt nicht so recht wußte, hat man schließlich

auch gemeinsam die Auffassung vertreten, daß die Regierungsvorlage in ihrer ursprünglichen Fassung zu weitmaschig war. Wir haben daher den Titel einschränkend formuliert, ebenso die Bestimmung, welche Publikationen welcher Fachrichtungen nun in diese Förderung miteinbezogen werden können. [10]

(Dr. Prader). In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage [11] hieß es:

Im Begutachtungsverfahren wurde bemängelt, daß die Regelung der Förderung der politischen Parteien mit der Regelung der Förderung der Publizistik verbunden wurde, obwohl keine so enge Verwandtschaft und kein so enges Naheverhältnis zwischen diesen beiden Gegenständen besteht ...

Weiter im Text wird dann eingestanden:

Ziel des II. Abschnitts des Entwurfs ist also nicht so sehr primär die Förderung der Zeitschriften als solcher, sondern ein Mittel zum Zweck, um der Bevölkerung bessere Wahlmöglichkeiten zu bieten.

Als Mittel zu welchem Zweck dient dann die großzügige und fraglose Förderung der Tages- und Wochenpresse? Die Regierungslegisten machten schon bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam, daß das Förderungswesen eigentlich in den „Rahmen der Schaffung eines modernen Rechts der Massenmedien“ gehört. Aber das ist ja einer von einem Teil der Massenmedien erpreßten Medienpolitik nicht zuzumuten.

sog. Bücher

Mindestens so schlecht wie den kleinen Zeitschriftenverlagen geht es den privaten Buchverlegern. In Wirklichkeit noch schlechter, zumal zwar die den einzelnen Verlagen zugewendeten Mittel etwa in der selben Größenordnung von einigen zigtausend Schilling jährlich liegen (zum Sterben zu wenig ...), dafür aber unter noch ungünstigeren Bedingungen ergattert werden müssen. Von einer Struktur der Buchförderung kann man überhaupt nicht reden. Es besteht lediglich die Möglichkeit, vor allem vom Unterrichtsministerium oder vom Wissenschaftsministerium Titelförderung zu erheischen — im Normalfall und durchschnittlich etwa 5.000 Schilling, also ein schlechteres Trinkgeld, wenn man weiß, was ein halbwegs anständig gemachtes Buch allein in der Herstellung kostet. Das Unterrichtsministerium, auch für Kultur zuständig, schätzt & liebt & fördert lebende österreichische Literaten (die, um förderungswürdig zu sein, auch im Inland leben müssen) — tot oder im Ausland lebend gilt nicht. Sachbücher werden erstens sehr selten und dann zweitens auch vom Wissenschaftsministerium gefördert. Damit ist im Wesentlichen auch schon das Ende der Förderungslatte erreicht — es sei denn, eine Landesregierung findet noch den einen oder anderen Titel zu fördern. Indes: „Die tun oft so, als ob es das gedruckte Buch nicht gäbe“, weiß Erhard Löcker, Vorstandsmitglied der ARGE Privatverlage, aus eigener Erfahrung. Für ihn wie für seine Kollegen wäre die bloße Titelförderung allerdings auch dann keine befriedigende Lösung, wenn sie höher dotiert würde: „Es ist nicht in unserem Sinn, daß — wenn auch noch so angesehene — Leute in den Ministerien Programm machen. Was fehlt, ist eine Basisförderung.“ Wenn hier nich rasch etwas geschieht, ist heute schon vorauszusagen, welche Verlage es in den nächsten zwei, drei und fünf Jahren nicht mehr geben wird. Der neue Besen im Unterrichtsministerium, Rudolf Scholten, signalisierte zwar grundsätzlich Handlungsbereitschaft (bis 1992 soll es ein Konzept geben), Erhard Löcker kann jedoch schon auf einige Erfahrungen mit dessen Vorgängern zurückblicken: „Die Frage an die Politiker habe ich schon vor Jahren gestellt: Wenn man das haben will, muß man die Verlage mit Geld unterstützen — wenn sie es nicht wollen, dann sollen sie es wenigstens sagen.“ Über mögliche Konzepte gibt es in der ARGE Privatverlage einige Überlegungen, die allerdings noch nicht die Gestalt von Regelungsentwürfen angenommen haben. Die Grundzüge sind auch schon mit dem Unterrichtsministerium abgesprochen und sollen etwa so aussehen: Eine Programmförderung soll an private Verlage ausgeschüttet werden, die professionell arbeiten und mindestens zwei mal jährlich ein Buch produzieren („Das wichtigste ist, daß die Bücher vorliegen“). Was ein Privatverlag im Sinne einer solchen Förderungsregelung wäre, ist allerdings gar nicht so leicht festzumachen: es ist oft gar nicht feststellbar (etwa durch Einsicht in das Handelsregister bzw. Firmenbuch), ob ein unter einer Einzelperson firmierender Privatverlag nicht (über verdeckte Beteiligungen, Strohmänner ...) doch schon einem deutschen Romanheftverlag, einem Zeitungskonzern oder einer Bank gehört. Erhard Löcker sieht als einzige noch handhabbare Lösung eine Selbstauskunftspflicht über die Eigentumsverhältnisse. Wie auch immer eine Förderungsregelung aussehen wird — klar ist, daß der Staat tiefer ins Budget greifen müßte, wenn er auf österreichische Bücher überhaupt noch Wert legt: 50-60 Millionen Schilling wären angemessen.

sog. Gretchenfrage

Erhard Löcker spricht aus, was alle denken: Wenn der Staat das gedruckte Wort will, das von Inhalt noch nicht befreite, dann muß er es wenigstens teilweise vom Markt befreien. Und zwar nicht als Anhängsel der Parteienförderung, der Bildungs- oder Wissenschaftspolitik (bei der hierzulande immer und unvermeidlich auch eine Art sublime Form von Fremdenverkehrspolitik im Spiel ist), sondern in Form einer unzweideutig deklarierten Medienpolitik — dann würden unter einem zur Diskussion stehen: die Neuordnung des Medienrechts, des Medienkartellrechts, des Rundfunkrechts und schließlich auch des Förderungsrechts. Und in diesem Zusammenhang wäre dann zu verhandeln über zulässige Konzentrationsmaße, tolerable Auslandsbeteiligungen, förderungswürdige Auflagen und Reichweiten, sowie über eine Reihe anderer Kriterien (etwa Finanzierung aus Werbegeldern u.dgl.).

Publizistikförderung in Österreich

Jahr Förderung Anträge gefördert abgelehnt mind. Förd.
1985 6.156.000,- 252 169 83 18.016,-
1986 6.156.000,- 249 143 106 21.398,-
1987 4.180.000,- 234 161 73 14.385,50
1988 3.286.000,- 223 153 70 12.744,-
1989 2.653.443,- 210 149 61 10.613,-
1990 4.838.355,- 215 162 53 19.353,40

Presseförderung in Österreich

Allgemeine Förderung (Presseförderung I):

Jahr Gesamtbetrag
1985 85.675.000,-
1986 68.533.125,-
1987 58.174.000,-
1988 44.174.000,-
1989 70.000.000,- (ca.)
1990 63.000.000,- (ca.)

Besondere Förderung (Presseförderung II):

Jahr Gesamtbetrag
1985 40.000.000,-
1986 39.00.0000,-
1987 27.160.000,-
1988 20.704.000,-
1989 38.400.000,-
1990 40.000.000,- + 164.000.000,-

[1] Wiederverlautbarung BGBl. 228/1985

[2] Nationalrat XIII. GP - 150. Sitzung - 2. Juli 1975, S. 14593 ff.

[3] Bundesgesetz vom 12. Dezember 1984, mit dem das Presseförderungsgesetz 1979, das Parteiengesetz sowie das Bundesgesetz über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik 1984 geändert werden. BGBl. 538/1984

[4] Heinz Pürer: Presse in Österreich (unter Mitarbeit von Bruno Signitzer), Wien, Verband österreichischer Zeitungsgerausgeber und Zeitungsverleger, 1990, S. 65 ff.

[5] Günther Nenning: Danae’s Schwängerung — Die Medien, das Geld und der Steuerzahler, in: Der österreichische Journalist 6/1990, S. 50

[6] Paul Yvon zum Thema Presseförderung — „... passieren tut das, was dem Herrn Dichand nicht weh tut!“, Interview von Winfried Huber in Basis-Info

[7] Kundmachung: Wiederverlautbarung des Bundesgesetzes über die Förderung politischer Bildungsarbeit und Publizistik, BGBl. 369/1984

[8] Dr. Johanna Dorer, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaften der Universität Wien, unveröffentlichtes Material

[9] Nationalrat XIII. GP - 38. Sitzung - 9. Juli 1972, S. 3422 f.

[10] s. FN 9

[11] Nationalrat XIII. GP - 38. Sitzung - 9. Juli 1972, 314 der Beilagen

zuerst erschienen in Juridikum 2/1991

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Erstveröffentlichung im FORVM:
April
1991
Autor/inn/en:

Robert Zöchling:

1989-1996 Mitgründer, Redakteur und Geschäftsführer der Zeitschrift Juridikum. Mitgründung der Vereinigung alternativer Zeitungen und Zeitschriften 1990, deren Obmann 1996-2001. Seit 1997 Redakteur der Zeitschrift ZOOM. Ab 1999 als geschäftsführender Redakteur: Erweiterung von ZOOM durch Fusion mit Alexander Emanuely’s Webmedium CONTEXTXXI zum Multimedium Context XXI.

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