Streifzüge » Print-Ausgaben » Jahrgänge 1996 - 2000 » Jahrgang 1997 » Heft 3/1997
Franz Schandl

Zu uns!

ZU UNS gilt es natürlich einiges zu sagen. Der Kritische Kreis ist entstanden als ein Projekt zur Überwindung der Lethargie gesellschaftlicher Opposition. Wir wollten und wollen einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung emanzipatorischer Gesellschaftskritik leisten. Diesbezüglich ist eine Reformulierung und Rekonstruktion Marxscher Theorie ihrer substantiellen Seite nach unumgänglich. Freilich kann es sich damit nicht bewenden. Zu bewerkstelligen ist vielmehr ein Paradigmenwechsel der emanzipatorischen Ausrichtung, der sich vorläufig negativ über diverse Abschiede (vgl. „Variation oder Alternative“, Nr. 1/97) definiert, in weiterer Folge aber auch positiv gefaßt werden muß.

Ziel des Kritischen Kreises ist die Schaffung eines theoriefähigen Attraktionspols und später auch eines praxisfähigen Interventionspols einer nichttraditionalistischen und nichtpostmodernen Linken. D.h. es geht darum, sich sowohl vom alten Arbeiterbewegungsmarxismus als auch von den Abgesängen diverser Renegaten entschieden abzugrenzen, deren Konfrontation als falsche Front zu benennen. Neue Möglichkeiten emanzipatorischen Verständnisses sollen skizziert und zur Debatte gestellt werden. Nicht nur im eigenen Medium, aber hier konzentriert, somit jederzeit greifbar.

Der Kritische Kreis hat einige Differenzierungs- und Umgruppierungsprozesse hinter und wahrscheinlich auch noch vor sich. Er ist also keine festgefügte Gruppe. Die Zuspitzung der Kritik und die Infragestellung herkömmlichen Linksseins ist doch nicht so jedermanns Sache, partielle Übereinstimmungen dürfen somit nicht überschätzt werden. Erschreckend hoch ist auch der Durchlauf bei unseren Treffen. Einerseits ist es ja erfreulich, daß sich soviele Menschen für uns interessieren, andererseits ist es uns bisher unmöglich gewesen, dieses Interesse auch in regelmäßige Beteiligungen umzusetzen, bzw. den ursprünglichen Grundstock zu erhalten.

Die monatlichen Diskussionsabende im Amerlinghaus waren zumindest in der bisher praktizierten Form in Frage zu stellen. Sie richteten sich zu sehr nach dem Zufallsprinzip, gestatteten keine dem Thema angemessene Debatte und wirkten auf viele Besucher eher unattraktiv. Besser als unsere Treffen gestalteten sich bisher die Aussendungen, nimmt man das Interesse und vor allem die Zahl der Spender wahr. Vor dem Hintergrund der allgemeinen linken Lethargie und Niedergeschlagenheit ist dies von nicht zu unterschätzendem Gewicht. Und doch, es reicht nicht.

Auch auf organisatorischer Ebene muß sich einiges ändern. Die alte Linke ist nicht nur inhaltlich völlig erschöpft, sondern ebenso in ihren Kommunikationsformen. Trägheit und Motivationslosigkeit schlagen auch auf den Kritischen Kreis durch. Nicht nur die theoretischen Inhalte sind zu neuern, sondern auch die Formen der Praxis: Sitzungen, Treffen, Diskussionsveranstaltungen, Diskursentwicklung, Debattenführung, Rezeption müssen ihrer Wirkung nach überprüft werden. Sie stehen in der obligaten Weise ebenfalls zur Disposition.

ZU UNS kann man selbstverständlich nach wie vor in Kontakt treten. Wir freuen uns sogar darüber. Für das nächste Jahr haben wir ein Seminar zum Thema „Krise und Kapitalismus“ beschlossen. Mehr darüber in der nächsten Aussendung.

Herzlich bedankt seien alle Spenderinnen und Spender. Ohne sie könnten wir die Streifzüge nicht finanzieren, alleine mit ihnen allerdings auch nicht. ZU UNSerem Leidwesen kann sich das Projekt nicht selbst — das heißt durch Spenden und Mitgliedsbeiträge — tragen. Das ist vor allem deswegen bedauerlich — aber noch mehr bedenklich! —, da die voranschlagten Kosten sowieso schon am unteren Ende angesiedelt wurden. Doch selbst dieser bescheidene Wunsch scheint nicht in Erfüllung zu gehen, es droht also jederzeit die Atomisierung unserer spezifischen Angelegenheit.

Kurzum: Wenn die Streifzüge in dieser Form (viermal jährlich 12-16 Seiten) weitergeführt werden sollen, dann brauchen wir ganz einfach mehr Geld. Also zweifach oder dreifach spenden, die Publikation weitergeben, uns Adressen stecken etc. Wir sind auf Eure Unterstützung angewiesen. Unter einem bestimmten Niveau inhaltlicher aber auch finanzieller Zuwendung stellt sich schlicht die Sinnfrage. Schließlich sind die Streifzüge kein Privatvergnügen, sondern dienen der kollektiven Lust und Spannung. Gesichert ist jedenfalls nur mehr die nächste Nummer (4/97). Alles andere liegt in Euren Händen.

ZU UNS soll und muß natürlich mehr eures Geldes fließen, mehr, als dies bisher geschehen ist. Der Erlagschein harrt seiner Erfüllung.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
September
1997
, Seite 1
Autor/inn/en:

Franz Schandl:

Geboren 1960 in Eberweis/Niederösterreich. Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Wien. Lebt dortselbst als Historiker und Publizist und verdient seine Brötchen als Journalist wider Willen. Redakteur der Zeitschrift Streifzüge. Diverse Veröffentlichungen, gem. mit Gerhard Schattauer Verfasser der Studie „Die Grünen in Österreich. Entwicklung und Konsolidierung einer politischen Kraft“, Wien 1996. Aktuell: Nikolaus Dimmel/Karl A. Immervoll/Franz Schandl (Hg.), „Sinnvoll tätig sein, Wirkungen eines Grundeinkommens“, Wien 2019.

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