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Amelie Lanier

Handke-Interview in News 1999

Angesichts der moralischen Entrüstung und des Handke-Bashings als Reaktion auf die Verleihung des Nobelpreises habe ich mir die Mühe gemacht, sein Interview mit der Zeitschrift NEWS aus dem Jahr 1999 aufs Netz zu stellen.
Dieses Interview scheint es nämlich bisher nicht aus Internet geschafft zu haben.
Es ist nachträglich dem News-Team hoch anzurechnen, daß es damals Peter Handke die Möglichkeit gegeben hat, seine Ansichten darzulegen und diese ausführliche Fotoreportage veröffentlicht hat.
20 Jahre später erscheint das als als eine journalistische Hochleistung, die man heute in Zeiten der gleichgeschalteten Medien vergeblich sucht.

Ich habe mir damals das Interview fotokopiert, um einen Artikel für die ungarische Zeitschrift „Kritika“ zu schreiben.
Alle Mängel der Qualität sind daher der SW-Fotokopie geschuldet. Ich glaube mich dunkel zu erinnern, daß der seinerzeitige Artikel in Farbe war.

„Kritika“ gehörte zur Népszabadság-Gruppe, als Monats-Blatt für wirklich! kritische Beiträge. Der damals – 1999 – verantwortliche Redakteur war, wie ich später erfuhr, ein ehemaliger Zensor. Eine höchst passende Besetzung für eine Zeitschrift dieses Namens, die aber den damaligen Anforderungen perfekt entsprach. Ungarn war nämlich gerade der NATO beigetreten und durfte schon das Nachbarland bombardieren, jegliche Kritik an diesem Einsatz war höchst unerwünscht.

Obwohl er mir freudig versicherte, nichts lieber als einen Artikel über Handke zu erhalten, veröffentlichte er ihn natürlich nicht.

Kritika gibt es immer noch, die Zeitschrift hat den Untergang der Népszabadság überlebt. Die archivierten Beiträge abzurufen, stößt auf gewisse Schwierigkeiten.

Mein damaliger Artikel ist jedenfalls hier zu lesen.

Ich bin im Dezember 1999 selber nach Serbien – damals noch (Rest-)Jugoslawien – gefahren, um meinen Freund(inn)en dort etwas Mut zuzusprechen. Der Krieg ist vorbei, das Leben geht weiter! Ich habe jahrelang Pakete geschickt, bin hingefahren, habe Sachen mitgebracht und sonst irgendwie geholfen. Das Wichtigste war hierbei nicht die materielle Hilfe, sondern das Gefühl, nicht ganz von der Außenwelt im Stich gelassen bzw. verteufelt zu werden.

Ich habe deshalb Peter Handkes Kritik an dem NATO-Krieg besonders geschätzt, und gerade dieses Interview. Er bringt darin auch den völligen Verfall des Journalismus zur Sprache, der sich seither noch verstärkt hat.

Meine Freunde und Freundinnen in Serbien sind, nebenbei bemerkt, alles ethnische Ungarn.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Dezember
2019
Autor/inn/en:

Amelie Lanier:

Jahrgang 1961, Studium der Mathematik, Geschichte und Philosophie an der Universität Wien, dort Promotion zum Doktor der Philosophie 1988. Dissertation: „Über die Widersprüchlichkeit von Moralphilosophie am Beispiel Friedrich Nietzsches.“ Seither freie Forschungstätigkeit über die Geschichte Osteuropas und des österreichischen Kreditwesens. Publikationen zum Transformationsprozeß nach 1989 und den neueren Entwicklungen im Bankwesen. Wohnort: Zell am See. Motto: „Wenn die Pforten der Wahrnehmung gereinigt würden, würde alles dem Menschen erscheinen, wie es ist: unendlich.“ (William Blake, Die Hochzeit des Himmels und der Hölle)

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