MOZ » Jahrgang 1990 » Nummer 56
Günter Schneider

Es lebe La Hague

Mit Billigung der Politiker dürfen nach dem Aus für Wackersdorf die bundesdeutschen Atomstromproduzenten künftig die abgebrannten Brennelemente aus ihren Kernkraftwerken nach Sellafield, Großbritannien, und nach La Hague, Frankreich, bringen, weil dort die Wiederaufarbeitung angeblich billiger zu haben sei. Beide Wiederaufbereitungsanlagen gelten nun als ‚Entsorgungsnachweis‘ für den Weiterbetrieb bundesdeutscher AKWs.

Die Autoren Helmut Hirsch von der Gruppe Ökologie Hannover und Mycle Schneider vom World Information Service on Energy in Paris haben nun im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace die Wiederaufbereitungsanlage La Hague unter die Lupe genommen. Veröffentlicht wurde diese Studie in der neuesten Ausgabe der Greenpeace-Reihe „Restrisiko“, die sich grundsätzlich mit den Gefahren der Atomspaltung auseinandersetzt.

Wichtigste Ergebnisse der Untersuchung sind, daß in beiden Anlagen „der Störfall praktisch der Normalfall“ ist. Jährlich treten zahlreiche Pannen und Unfälle auf, die zu beträchtlichen radioaktiven Abgaben an die Umwelt und zu hoher Strahlenbelastung des Personals führen.

Darüber hinaus liegen die genehmigten Abgaben radioaktiver Stoffe um mehrere Größenordnungen höher als die bei Wackersdorf beantragten Werte. Sellafield, früher Windscale, ist durch Abwassereinleitungen bekanntlich verantwortlich für die hohe Strahlenbelastung in der Irischen See.

Da in beiden Anlagen bisher nur Teile der geplanten Gesamtanlage betrieben werden, fallen große Mengen unbehandelten radioaktiven Materials an, die vor Ort zwischengelagert werden.

Die Studie zeigt auch auf, daß in La Hague, die von der Firma Cogema betrieben wird, vor allem die Kapazitäten zur Plutonium-Produktion ausgeweitet werden. Plutonium ist aber für den Einsatz in herkömmlichen Kernkraftwerken unbrauchbar und wird vor allem für die Herstellung von Atomsprengköpfen verwendet. Jean-Louis Fensch vom französischen Commissariat à l’Energie Atomique schloß deshalb schon 1982: „Angesichts ihrer sehr hohen Kosten wird die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente sehr wahrscheinlich ihre ursprüngliche militärische Bestimmung behalten, ohne Aussicht auf eine kommerzielle Nutzung.“ Er hat laut Greenpeace bis heute recht behalten.

Bestellungen von „Restrisiko“ bei: Greenpeace Österreich, Auenbruggergasse 2, 1030 Wien, Tel. 713.00 30.

FORVM des FORVMs

Vorgeschaltete Moderation

Dieses Forum ist moderiert. Ihr Beitrag erscheint erst nach Freischaltung durch einen Administrator der Website.

Wer sind Sie?
Ihr Beitrag

Um einen Absatz einzufügen, lassen Sie einfach eine Zeile frei.

Hyperlink

(Wenn sich Ihr Beitrag auf einen Artikel im Internet oder auf eine Seite mit Zusatzinformationen bezieht, geben Sie hier bitte den Titel der Seite und ihre Adresse bzw. URL an.)

Werbung

Erstveröffentlichung im FORVM:
Oktober
1990
, Seite 63
Autor/inn/en:

Günter Schneider:

Geboren 1956. Wiener. Anti-AKW-Bewegung, Alternative Liste. Seit 20 Jahren Mietervertreter bei der Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreichs.

Lizenz dieses Beitrags:
Copyright

© Copyright liegt beim Autor / bei der Autorin des Artikels

Diese Seite weiterempfehlen

Themen dieses Beitrags

Begriffsinventar

Geographie