FORVM » Print-Ausgabe » Jahrgänge 1982 - 1995 » Jahrgang 1991 » No. 448-450
Friederice Beyer

Die Palästinenser sind die Juden

Ihre Recherchen über Waldheim haben das FORVM mit Antifaschismus geschmückt, ihr nachstehender Beitrag läßt sich auch als Illustration zu dem nebenstehenden von Karl Pfeifer lesen. -Red

Erstens sei vorweggenommen, und damit ein für allemal festgestellt und auch durch die Geschichte und in den Büchern festgeschrieben: der Holocoust war das größte Verbrechen in der Menschheitsgeschichte. Vor allem die Bilder der Wehrlosen, der Kinder, Frauen, Alten auf ihrem Weg in die Vernichtung sind unauslöschlich in das Gewissen unserer Menschheit eingebrannt.

Unbestritten sind auch Gründung und Aufbau des Staates Israel nach 1945 — eine Gründung als quasi Wiedergutmachung. Das Unrecht der Enteignung anderer zugunsten dieses gequälten Volkes schien marginal vor dem Weltgewissen ... und wer dachte nicht an „freies Volk auf freiem Grunde“. Ein idealisierter Urkommunismus schien sich in den frühen Kibbuzzen zu realisieren. Und ein Traum, daß gerade dieses geknechtetste aller Völker den anderen zeigt, wie eine moderne humanistische, föderalistische, urdemokratische Gemeinschaft auszuschauen hat, schien damals in Erfüllung zu gehen.

Zehn Jahre später, als alles ganz anders aussah im Staate Israel — von Urkommunismus keine Spur mehr — und als die fortschrittlichsten Kibbuzzim zu imperialistischen Wehrdörfern geworden waren, antwortete mir eine Jüdin auf meine Enttäuschungen: „Warum sollen wir Juden besser sein als andere Völker und Nationen, besser als unsere größten Feinde, die Deutschen!“

Zweitens ein Zitat von dem Wissenschaftler Professor Dr. Anton Pelinka. Er sagte in einer Publikumsdiskussion an der Innsbrucker Universität am 25. Oktober 1976:

Der Nationalsozialismus hat zwar keine intellektuell und moralisch ernstzunehmende Ideologie, aber er hat eine Ideologie, die sehr gefährlich ist, weil sie weiterexistiert; nicht als geschlossenes System — als solches ist sie, glaube ich, endgültig diskriminiert und abgeschoben — aber in vielen, vielen Restbeständen. Das Gemeinsame dieser Restbestände ist der Glaube an die vorgegebene Ungleichheit der Menschen, jene Teilung der Menschen in Arier und Nichtarier, in Deutsche und Nichtdeutsche, in Weiße und Farbige, auch in Mann und Frau; wobei natürlich immer das eine das Höherwertige und das andere das Unter- oder Nichtwertige ist ...

Der Nationalsozialismus als spezifische deutsche Form des Faschismus der 20er, 30er und 40er Jahre ist tot. Aber der Glaube an die vorgegebene Ungleichheit der Menschen als wesentliche theoretische Basis des Faschismus lebt weiter — auch in Israel. Und erschreckend leicht und spielerisch läßt sich Pelinkas Schlußfolgerung im zweiten Teil seines Zitates auf Israel anwenden und hat Gültigkeit:

Das Gemeinsame dieser Restbestände ist der Glaube an die vorgegebene Ungleichheit der Menschen, jene Teilung der Menschen in „Juden“ und „Nicht-Juden“, in Bewohner Israels und in solche der sogenannten Besetzten Gebiete, in Strenggläubige und Nicht-Gläubige, „wobei natürlich immer das eine das Höherwertige und das andere das Unter- oder Nichtwertige ist ...

Drittens. Ich behaupte: Israel ist zu einem faschistischen Staat geworden — und ich betone: geworden.

Es ist kapitalistisch, es ist imperialistisch und es hat seine eigenen „Juden“. Wie die Nazis pfercht es seine Juden in Ghettos, betreibt eine extreme Rassenpolitik, strebt es mit allen Mitteln nach neuem Lebensraum im Osten, betreibt es mit allen Mitteln Rücksiedelungsaktionen à la Hitler in Südtirol, führt Besiedelungsaktionen durch, die wir ihrem Wesen nach auch schon aus dem Dritten Reich kennen. Wie andere faschistische Führungen unterdrückt es die Opposition in den eigenen völkischen Reihen noch mit quasi demokratischen Mitteln. Wenn es einmal gezwungen sein wird, den Totalen Krieg auszurufen, wird es auch damit vorbei sein.

Wehret den Anfängen.

Das faschistische Israel muß bekämpft werden mit der selben Vehemenz, wie das Italien unter Duce, das Spanien unter Franco, das Deutschland unter Adolf Hitler.

Zu Saddam Hussein ist nicht viel zu sagen. Er erinnert frappant an Stalin:

In seiner bauernhaften Schlauheit und in seiner menschenverachtenden Berechnendheit, in seiner Brutalität, egal, ob es gegen Minderheiten oder gegen seine eigene Offizierscamarilla geht. Trotz dieser Brutalität und trotz dieser Menschenverachtung wird er von den Massen geliebt. Und gerade dieser Faktor wurde schon von Stalins Gegnern, und wird von den heutigen Feldherrn auch diesmal wieder unterschätzt. Der Glaube an den siegreichen Messias, der nichts, aber auch schon garnichts anderes mehr zu geben hat als gerade diesen Glauben an ihn selbst, kann Kriege gewinnen. Die Menschenopfer der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg sind bis heute unfaßbar und unfaßbar höher als die jeder anderen.

Lassen wir Kuwait einmal weg. Wieviele Länder wurden seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges besetzt, ohne daß daraus gleich ein Dritter entstand. Nehmen wir den jetzigen Krieg doch so, wie er ist. Oder denken wir zurück an den Zweiten Weltkrieg. Da war es doch auch das deutsche Großkapital mit seinen Rüstungsmagnaten, das sich einer zunächst kleinen faschistischen Organisation bediente, um den großen Weltbrand zu entfachen, und sahnte ab. Heute haben wir das amerikanische Großkapital mit seinen Rüstungsmagnaten, das sich eines zunächst kleinen faschistischen Staates bedient — um den noch größeren Weltenbrand zu entfachen und noch mehr abzusahnen.

Wenn ich wählen müßte, läge mir der patriarchalische, stalinistische Volksheld Saddam Hussein wesentlich näher als die kapitalistisch-faschistische Achse USA und Israel. Noch scheint der Krieg begrenzbar. Oder ist diese Hoffnung nicht schon Selbstbetrug? Wie lange wird es noch dauern, bis die ersten Rufe nach der Gründung internationaler Brigaden wie einst in Spanien ertönen, um den wiederaufkochenden Faschismus möglichst noch rechtzeitig in die Schranken zu weisen. Inzwischen können wir nur wieder lauthals fordern: Nieder mit dem US-Imperialismus! Nieder mit dem Faschismus! Keine wie immer geartete Unterstützung für die sogenannten Alliierten oder für das faschistische Israel! Hände weg von der Kriegsallianz! Und alle Sympathie für die Dritte-Welt-Länder Arabiens!

P.S.: Gavrilo Princip hat den Kronprinzen erschossen und damit den Ersten Weltkrieg ausgelöst — sagte man damals, und die Sozialisten von Österreich und auch die von Deutschland haben damals genau gewußt, wo ihr Feind stand. Die Sozialistische Internationale hat erst jüngst eine Erklärung zum Golfkrieg abgegeben. Sie wissen auch heute ganz genau, wo der Feind steht und beweisen damit, daß sie nichts dazugelernt haben.

Umschlagzeichnung zu Upton Sinclair, Co-op, von O. R. Schatz
Vgl. Wilfried Daim in diesem Heft, S. 13 f

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Mai
1991
, Seite 20
Autor/inn/en:

Friederice Beyer:

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