Seit 1923 liegt der „Siegfriedskopf“ in der Aula der Universität Wien. Ein von rechtsextremen und nationalsozialistischen Studenten platziertes Denkmal, das an die „Helden“ des ersten deutsch-österreichischen Angriffskrieges, die nur durch den Dolchstoß der („jüdischen“ oder „bolschewistischen“) Demokratie gefallen seien, erinnern soll. Noch heute ist dieser steinerne Ausdruck völkischheroischer Weltanschauung und deren Kontinuität Pilgerstätte von Burschenschaftern, die sich jeden Mittwoch um ihn scharen.
1989 beantragte die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät im „Akademischen Senat“ an der Wiener Universität ein Mahnmal für die vertriebenen WissenschafterInnen zu errichten. Vom Senat wurde daraufhin eine Kommission eingesetzt, welche dieses Projekt konkretisieren sollte. Bei ihren Arbeiten stießen die WissenschafterInnen bald auf den „Siegfriedskopf“ und die Deutsche Studentenschaft (DS), welche diesen 1923 als marmorne Personifikation ihrer Weltanschauung errichten ließ. Ulrike Davy begann in der Folge mit historischen Recherchen, die in der Eindeutigkeit ihrer Ergebnisse nichts zu Wünschen übrig ließen: Die 1919 gegründete DS, insbesondere deren österreichischer Ableger (Kreis 8), versuchte als hochschulpolitischer Arm der völkischen Burschenschaften von Anfang an den eliminatorischen und mit der „Rasse“ argumentierenden Antisemitismus an den Universitäten durchzusetzen. Schon früh war die DS darüber hinaus fest in Händen von Nationalsozialisten. Kurz nach der Einweihung des Denkmals und des Nazi-Putschversuches in München hieß es im Organ der DS: „Unsere Ostmark wird erst dann ihre alte Ehre wiedergewonnen haben, wenn von der Wiener Burg und vom Rathaus die schwarz-weiß-rote Fahne mit dem Hakenkreuz weht.“ [1]
Der „Akademische Senat der Universität Wien“ trug dem Rechnung und beschloss Ende Juni 1990, dass der „Siegfriedskopf“ einem antifaschistischen Mahnmal zu weichen habe. Er sollte „mit einer die Genesis dieses Denkmals versehenen Tafel“ im Arkadenhof aufgestellt werden. Umgehend schreckte das völkische und konservative Milieu auf. Mit publizistischer Verstärkung durch Neue Kronen Zeitung und Die Presse begannen FPÖ-Politiker, rechte Professoren und Dozenten, Burschenschafter und sonstige Rechtsextreme (darunter der Neonazi Franz Radl jun.) sich für den Verbleib ihres Denkmales stark zu machen. Mit Erfolg: Der „Siegfriedskopf” blieb wo er war.
Im Frühjahr ’95 fand der Kampf gegen den braunen Fleck einen letzten Höhepunkt: Zahlreiche Artikel über die Hintergründe des „Siegfriedskopfes“ erschienen, neuerlich wurde seine Verlegung lautstark gefordert, AntifaschistInnen suchten Mittwochs auch die direkte Konfrontation mit Burschenschaftern. Und weil gerade ÖH-Wahlkampf war, entdeckten auch die linken Fraktionen, dass hier Handlungsbedarf besteht. Die Universitätsbehörden verwiesen nun auf das Bundesdenkmalamt, das sich gegen eine Verlegung des braunen Fleckes sperre. Nun wollte der damalige Rektor zumindest erklärende Tafeln beim „Siegfriedskopf“ anbringen lassen. Aber wieder geschah nichts ...
[1] vgl. Davy, Ulrike: Der „Siegfrieds-Kopf“. Eine Auseinandersetzung um ein Denkmal in der Universität Wien. Wien 1991