Hat er oder hat er nicht? In der im Privatbesitz eines Innenministers a.D. befindliche Akte Zilk steht nein, in der neun Zentimeter dicken im Prager Innenministerium ja. Die Frage ist allerdings, ob dies denn überhaupt die Frage ist. Was uns in diesem Zusammenhang zwar keineswegs überrascht, aber doch festhaltens- wie nachfragenswert erscheint, ist vielmehr:
- Kein Regierungsverantwortlicher vom Ex-Bundeskanzler bis zum Jetzt-Außenminister, von Sinowatz bis Schüssel, findet etwas „besonderes“ daran, daß ein ehemaliger Minister ein Privatarchiv vertraulicher Akten führt. Wenn es nichts besonderes ist, ist es dann also üblich?
- Ebensowenig unterscheiden jene zwischen irgendwelchen Verwaltungsakten und von Nachrichtendiensten angelegten Dossiers, die exklusives Informationsmaterial über Freund und Feind enthalten.
- Zumindest einen Teil jener Unterlagen, die Soronics’s Chauffeur nach dessen Ausscheiden aus der Regierung kartonweise aus dem Ministerium verschaffte, übergab der ehemalige Innenminister nach eigenem Bekunden der politischen Akademie der ÖVP. Die Akte Zilk habe er erst kürzlich wieder ebendort behoben. Dies kann durchaus als Hinweis auf die dem Aktenklau zugrundeliegende Absicht gedeutet werden.
- Wer hat Zugang zu den Akten in der politischen Akademie der ÖVP? Wer hält dort Nachschau? Und wer kann sagen, an welchen Ort, an welches Domizil welches Ex-Regierungsmitglieds die dort gelagerten Kartons mittlerweile wiederum verbracht wurden?
- Vielleicht in eine Bude der CV-Verbindung „Norica“? In einer solchen jedenfalls verschwanden 1983 vier Kisten voller Akten des Heeresnachrichtenamtes, die der damalige Leiter der „Führungsabteilung“ des militärischen Geheimdienstes, Thomas Mais, eines Morgens aus der Kaserne in sein Auto verladen hatte. Mais, in Jugendjahren Zuträger des Rechtsaußen-Publizisten Pretterebner und später ins Militärkommando Wien abgeschoben, ist ebenfalls Vertrauensmann der ÖVP. Der Hang zum privaten Ermittlungsausschuß, heute vor allem eine freiheitliche Domäne, erweist sich so als ÖVP-Leidenschaft von bemerkenswerter Konstanz. Das wissen wir schließlich auch aus eigener Erfahrung.
Helmut Zilk hingegen, dem Paul Lendvai in der Fernsehsendung „Zur Sache“ wenig erfolgreich darzulegen versuchte, daß, wer Einsicht in seine Akte wünsche, diese zunächst beantragen müsse, wollen wir gerne unsere Hilfe anbieten. Ohne Bedenken stellen wir ihm unsere Erfahrung zur Verfügung, wenn er Auskunft — zumindest von österreichischen Geheimdiensten — wünscht. Wir müssen ihn allerdings einschränkend darauf hinweisen, daß ihm das Datenschutzgesetz bei diesem Unterfangen nicht viel weiter helfen wird. Denn bei den über ihn geführten Akten handelt es sich ja um manuell geführte und nicht um Computerdateien. Und solche werden vom Datenschutzgesetz nicht erfaßt. Dies verletzt zwar geltendes EU-Recht, welches seinerseits nicht zwischen manuell und automationsunterstützt verarbeiteten Daten unterscheidet, aber die österreichische Bundesregierung hat die Frist zur Umsetzung der Datenschutzrichtlinie der EU, die am 24. Oktober abgelaufen ist, tatenlos verstreichen lassen. Bis jetzt ist noch nicht einmal ein Entwurf zur Novelle des Datenschutzgesetzes in Begutachtung.
Noch zwei ergänzende Hinweise zu anderen Beiträgen in dieser Ausgabe:
Nähere Informationen zum Inserat des NOTO-Channels auf Seite 25, etwa ein erklärender Folder, können bei Christian Helbock (Adresse siehe Inserat) angefordert werden. Dort können auch die bisherigen Interviewbänder zum Selbstkostenpreis bestellt werden. Deren Vorführung, möglichst an öffentlichen Plätzen, ist sehr erwünscht.
Ergänzend zu Heinz Froneks Artikel über Kinderflüchtlinge (Seite 20) liegt dieser Nummer eine Petition der Kampagnegruppe „Menschenrechte für Kinderflüchtlinge“, an der auch die ZOOM beteiligt ist, bei. Wir bitten Sie daher, von der Unterschriftenliste zahlreich Gebrauch zu machen.
Die ZOOM-Redaktion im November 1998
P.S.: Soeben erfahren wir, daß unser Schwesterverein, die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung, den UNHCR Preis 1998 „Hilfe für illegale Schutzbedürftige“ zuerkannt bekommen hat. Wir gratulieren!