MOZ » Jahrgang 1990 » Nummer 57
Maria Florez-Estrada
Peru

Intensiver, anhaltender Krieg

Der peruanische Präsident Fujimori beharrt auf seiner wirtschaftlichen Schocktherapie und schlägt Verhandlungsangebote der Guerilla aus.

Präsident Fujimori hat die Hoffnungen auf einen Dialog mit der Guerilla zunichte gemacht. Ende September hatten Angehörige der zweitgrößten peruanischen Guerillaorganisation, der „Revolutionären Bewegung Tupac Amaru“ (MRTA) den Abgeordneten Gerardo Lopez von der Partei des Präsidenten, „Wechsel 90“, entführt und dann mit einer Reihe von Botschaften an die Öffentlichkeit und die Regierung wieder freigelassen. Alberto Fujimori weigerte sich jedoch, den Abgeordneten im Regierungspalast zu empfangen.

Es war nicht von ungefähr, daß die MRTA-Guerilla diesen Parlamentarier aussuchte, um ihre Dialogbotschaft publik zu machen. Der 35-jährige Gerardo Lopez zählt zu einem der schärfsten parteiinternen Kritiker der neoliberalen und schockhaften Wirtschaftspolitik Fujimoris.

Unter den Dokumenten, die Lopez während seiner kurzen Entführung erhielt, um sie an die Regierung und die nationale Presse weiterzuleiten, befindet sich auch ein Bericht des dritten Kongresses des Zentralkomitees der MRTA. Dieser Kongreß fand kurz nach dem spektakulären Gefängnisausbruch von über 40 MRTA-Häftlingen, unter ihnen auch ihr Führer Victor Polay Campos, statt. Die Gefangenen hatten das bestbewachte Hochsicherheitsgefängnis des Landes durch einen fast 350 m langen Tunnel verlassen, den sie im Laufe von drei Jahren gegraben hatten. Die MRTA-Guerilla unterstreicht ihre Verhandlungsbereitschaft, hält jedoch den Präsidenten solange nicht für den richtigen Gesprächspartner, bis er seine für weite Kreise der Bevölkerung katastrophale Wirtschaftspolitik ändere. Auch weigert sich die Bewegung, als ersten Schritt die Waffen niederzulegen, wie es der Staatschef fordert.

Während die peruanische Öffentlichkeit über den fehlgeschlagenen Dialogversuch mit der MRTA diskutiert, blieb das zentrale Problem des Landes weiterhin weit entfernt von einer Lösung. Dieses Problem heißt ‚Kommunistische Partei Perus‘, besser bekannt als „Sendero Luminoso“ (Leuchtender Pfad). In einer gleichzeitig im Amazonastiefland, in den Anden und in der Küstenregion durchgeführten Offensive stellten die Senderistas ihre ungebrochene Schlagkraft unter Beweis und ihren anhaltenden Willen, „den Volkskrieg vom Land in die Stadt zu tragen“. In der Andenprovinz Puno, wo der „Sendero“ im vergangenen Jahr schwere militärische Niederlagen erlitten hatte, trat die stärkste peruanische Guerillabewegung mit spektakulären Aktionen wieder auf den Plan, besetzte das Dorf Orurillo und richtete mehrere Staatsfunktionäre hin. Oie zahlenmäßige Stärke des „Sendero“ zeigt, daß die Unterstützungsbasen der Bewegung intakt geliehen sind. Dies scheint darauf zurückzuführen zu sein, daß der „Sendero Luminoso“ nun die früher von oben eingesetzten lokalen Komitees von der Bevölkerung direkt wählen läßt.

Gleichzeitig fanden auch Angriffe gegen Agrarkooperativen nördlich und südlich der Hauptstadt statt, um den Ring um Lima enger zu ziehen. Dabei wurde auch der Arbeitsminister der früheren Regierung, Orestes Rodriguez, ermordet. Über sein Sprachrohr, die halblegale Tageszeitung „El Diario“, drückte der „Sendero“ neuerlich seine völlige Ablehnung jeglichen Dialogs mit der Regierung und die Fortsetzung des Kampfes bis zu deren endgültiger Niederlage aus.

Doch die Gegenseite blieb die Antwort nicht schuldig. Anfang Oktober begann das Heer mit einer Offensive gegen mehrere Dörfer in der größten Coca-Anbauregion Alto Huallaga, in denen es „Sendero“-Stützpunkte vermutete. Nach Angaben der Militärführung wurden 85 Guérilleros getötet und große Waffenlager erbeutet.
Die militärische Gegenoffensive fiel zeitlich mit einem Besuch Fujimoris in der US-Handelskammer in Lima zusammen. Dabei betonte der Präsident, daß er das von Washington vorgeschlagene Abkommen über US-Militärhilfe zur Drogenbekämpfung gegenwärtig nicht unterzeichnen wolle.

Die peruanische Armee möchte materielle Unterstützung in ihrem Kampf gegen die Aufständischen und nicht gegen die Coca-Bauern. General Arciniega, der als Wortführer dieser Position betrachtet wird, argumentiert, andernfalls würde man „tausende Kleinbauern in die Arme der Subversion treiben“.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
November
1990
, Seite 68
Autor/inn/en:

Maria Florez-Estrada: Mitarbeiterin der nicaraguanischen Nachrichtenagentur APIA, lebt in Lima.

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