Ein belgischer Journalist recherchierte die neue Abschiebungspraxis in der Festung Europa. Während 1990 15.000 Personen abgeschoben wurden, schätzt Chris de Stoop die Zahl der Abschiebungen 1994 auf bereits 200.000. Die systematische Steigerung der Abschiebungen begann nach der Berlin-Konferenz, welche den „illegalen Einwanderern den Krieg erklärte“.
Immer häufiger werden private Gesellschaften mit der Deportation von Flüchtlingen beauftragt, in Deutschland etwa das „Manager Travel Service“ oder in Rumänien die „Jaro Kompanie“, die ehemalige Ceaucescu-Leibgardisten beschäftigt, um Roma zu deportieren. In Bayern sind spezielle Züge im Einsatz, deren Fenster und Türen nicht von innen geöffnet werden können. Die Holländer entwickelten die Idee einer Euro-Charter, die in Frankreich auf große Unterstützung stieß. Ein Flugzeug sollte die verschiedensten Städte Europas anfliegen, um Flüchtlinge mit gleichem Abschiebeziel aufzusammeln.
Deutschland, einer der Vorreiter der Abschiebepolitik, führte im Jänner dieses Jahres im Antirassistischen Büro in Bremen eine Razzia durch. Grund waren Flugblätter, auf denen die Abschiebepraxis kritisiert wurde. Die Bezeichnung dieser Praxis als Deportation und jener, die sie anordnen, als Schreibtischtäter soll inkriminiert werden.
Quelle: Statewatch, Jan.-Feb. 1996