radiX » Nummer 2
Karl Meier

Das Grüne Zwangsarbeitsmodell

Was die Grünen als Modell einer Grundsicherung ver­kaufen hat auch Aspekte von Zwangsarbeit an sich. Wer nicht arbeitswillig ist wird durch Kürzung seiner „Grundsicherung“ bestraft. Stellt sich die Frage warum das Ganze dann noch „Grundsicherung“ heißt.

Was die Grünen der Öffentlichkeit als „Grundsicherung“ verkaufen, ist alles andere als das was unter ÖkonomInnen gemeinhin darunter verstanden wird. Ganz unabhängig davon, daß das ganze Modell der Grundsicherung keinesfalls am Kapitalismus kratzt und somit im besten Fall systemimmanenter Reformismus ist, schaffen es die Grünen mit ihrem Modell sogar das noch zu unterbieten.

Sechstausend Schilling im Monat

Das Grüne Modell sieht laut „Vielfalter“, der Zeitung der Vorarlberger Grünen, für alle Menschen unter 19 Jahren eine „Grundsicherung“ von 2.500 Schilling vor. „Für Erwachsene, die über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen, sind 6.000 Schilling pro Monat vor­gesehen, Dazu kommen durchschnittlich 2.000 Schilling Wohngeld. Die Sozialversicherung wird vom Staat über­nommen.“

Damit ist es zwar möglich zu überleben, Familien oder Mütter mit Kindern werden aber selbst damit ins Trudeln kommen, denn eine achtzehnjährige HTL-Schülerin wird mit den 2.500 Schilling, die für sie als Grundsicherung gedacht sind, sicher nicht auskommen und so werden wohl auch die kümmerlichen 6.000,— der Mutter angeknappert werden müssen. „Aber“, werden sich die Grünen denken, „Kinder aus armen Familien können ja heute auch nicht bis 18 in die Schule gehen“.

Und bist du nicht arbeitswillig ...

Was da als „Grundsicherung“ verkauft wird hat aber noch eine gravierenden Haken. Die Grünen knüpfen das ganze nämlich an die Arbeitswilligkeit der Person, die eine Grundsicherung in Anspruch nehmen will:

Für Erwachsene ist das an Voraussetzungen geknüpft: Sie müssen im Arbeitsleben integriert bleiben. Das Arbeitsmarktservice überprüft, ob es akzeptable Jobs oder Qualifikationsmaßnahmen gibt.

Ist die/der Erwerbslose dann nicht arbeitswillig, wird ihm die kümmerliche „Grundsicherung“ der Grünen zusam­mengekürzt. Damit bekommt das Modell der Grünen einen Charakter von Zwangsarbeit. Auch wenn dieser Zwang nicht mit gesetzlichen Mitteln durchgesetzt wird, so ist der ökonomische Druck, den die Streichung von großen Teilen einer so kümmerlichen „Grundsicherung“ ausübt, ausreichend dem Grünen Modell einen Zwangscharakter zu geben. Laut Christian Neugebauer, Sprecher des Volksbegehrens „Recht auf Arbeit“ — das selbst wiederum recht unreflektiert mit dem „Recht auf Arbeit“ umgeht und dementsprechend wenig Unterstützung erhielt — räumte sogar der Landesgeschäftsführer der Wiener Grünen Martin Margulies in einer Podiumsdiskussion mit verschiedenen Arbeitsloseninitiativen ein, „daß dem vorgelegten Modell der Grünen Grundsicherung Tendenzen zur Zwangsarbeit innewohnen.“

Karl Öllinger, Sozialsprecher der Grünen im Parlamentsclub fühlte sich von den Angriffen Neugebauers, des Volksbegehrens „Recht auf Arbeit“ und des Vereins „Zum Alten Eisen“ jedoch primär persönlich beleidigt und verteidigt weiterhin das Grüne Modell, von anderen grünen SpitzenpolitikerInnen ganz zu schweigen.

Recht auf Faulheit für Alle!

Was die Grünen da vorschlagen ist eben dem überhaupt nicht mehr vorhandenen Systemveränderungswillen der Partei zu verdanken. Wer innerhalb der Logik des „freien Marktes“ denkt, kommt zu solch seltsamen „Grundsicherungsmodellen“, die weder eine Grundsicherung sind, noch ein angenehmes Leben für Alle ermöglichen. Es liegt in der Natur des Kapitalismus, daß er Menschen mit der Androhung von Erwerbslosigkeit zum Kuschen bringt. Und die Grünen folgen eben dieser Logik. Jene, die sich der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft hin­gegen verweigern, werden so auch von den Grünen bestraft. Recht auf Grundsicherung haben nur die Arbeitswilligen, jene die sich mit ihrer Ausbeutung einver­standen erklären. So eng sind das „Recht auf Arbeit“ mit der „Pflicht zur Arbeit“ oder zumindest mit der „Pflicht zur Arbeitswilligkeit“ verbunden.

Lohnarbeit ist eines der Übel des Kapitalismus. Leider müssen wir alle dieser in irgend einer Form nachgehen um zu überleben. Auf die Straße gehen wir aber nicht für das „Recht auf Arbeit“, das Recht uns ausbeuten lassen zu dürfen, sondern für das Recht auf Faulheit!

Um das zu erreichen, müssen wir aber erst den Kapitalismus hinwegfegen und dazu auch die Parteien, die diesen verteidigen, also auch die Grünen.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Juni
1999
, Seite 28
Autor/inn/en:

Karl Meier:

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