Context XXI » Print » Jahrgang 1998 » ZOOM 2/1998
Lajos Glücksthal

Börsenjammer in London

Die Londoner Futures- und Optionenbörse In­ternational Financial Futu­res and Option Exchange (Liffe) ist derzeit noch die zweitgrößte der Welt. Die Konkurrenz durch die kon­tinentaleuropäischen Börsen, vor allem durch die Deut­sche Terminbörse (DTB), und die elektronischen Han­delssysteme haben aber eine Vertrauenskrise und große Ängste ausgelöst. Zum Teil werden ganz bewußt inter­ne Probleme hochgespielt, um davon abzulenken, daß ein großer Teil des Umsatzes aus europäischen Währungsspekulationen besteht. Die­se zahlreichen Futures- und Optionenkontrakte werden mit Einführung des Euro hinfällig, die Frankfurter Börse dagegen wird wichtiger werden, da die Europäi­sche Zentralbank auch in Frankfurt ihren Sitz hat. Die Betreiber von Liffe haben im Glauben daran, daß der Eu­ro verhindert und ohne Großbritannien sowieso nicht funktionieren werde, Reformen für den Euro­markt verabsäumt. Die DTB bietet hingegen einen billi­geren elektronischen Han­del gegenüber der britischen Präsenzbörse an, einige der 47 britischen Marktteilneh­mer sind zum Teil schon auf das deutsche System umge­stiegen. Dazu kommt das Bündnis zwischen DTB, der Schweizer Soffex, der fran­zösischen Derivatenbörse Matif und der österreichi­schen ATB. Den Kampf um die besonders begehrten, weil liquiden deutschen Bund-Future hat vorläufig bereits die DTB für sich ent­schieden. Hinzu kommt ei­ne zunehmende Akzeptanz der europäischen Termin­börsen, die deutschen Bun­desanleihen als sogenante Benchmark-Bonds für den Euro anzusehen. Die Liffe wiederum setzt derzeit auf ein eigenes, zu entwickeln­des elektronisches Handels­system für Aktienoptionen und will dieses über Reuters und Datastream vertreiben. Der derzeitige Preiskampf treibt die Kosten für die bei­den Kontrahenten hoch und die Gebühren herunter.

London und Zürich als große Finanzdienstleistungs­zentren lassen im Gegensatz zu ihren Industrieverbänden kein gutes Haar am Euro und verkünden seit Jahren dessen Undurchführbarkeit, wie ihren medialen Sprach­rohren zu entnehmen ist. Sie haben ja auch in der inne­reuropäischen Kapitalkon­kurrenz am meisten dabei zu verlieren. Inzwischen sind sowohl die Financial Times als auch die Neue Zürcher Zeitung von einer strikten Ablehnung zu einer skepti­schen Hinnahme der bevor­stehenden Konvergenz übergegangen. Dazu hat auch das zunehmende Ge­wicht der Euro-Anleihen am internationalen Kapitalmarkt beigetragen. Diese profitier­ten sehr stark von der Krise in Südostasien.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Mai
1998
, Seite 38
Autor/inn/en:

Lajos Glücksthal: Lajos Glücksthal war Redakteur des EuropaKardioGramm (EKG) sowie koordinierender Redakteur von Context XXI von 1996 bis 1999.

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