Eine Milleniumsfeier der anderen Art findet am 30. November in Wien statt. In einem Inserat in der jüngsten Ausgabe der „Aula“ (9/1996) lädt das „dritte Lager“ — die Freiheitlichen gemeinsam mit der „Deutschen Burschenschaft“ und dem „Ring Volkstreuer Verbände“, zwei vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestufte Gruppierungen — zum „Festkommers“ in die Hofburg. Geplanter Höhepunkt der Veranstaltung ist die Festrede von Jörg Haider.
Zuvor diskutieren auf Einladung des Ringes Freiheitlicher Studenten und der Freiheitlichen Akademie der dritte Nationalratspräsident Wilhelm Brauneder, der freiheitliche Rechtsaußen-Intellektuelle Lothar Höbelt und andere an der Universität Wien über „Österreichs Beitrag zur deutschen Geschichte und Gegenwart“. Danach beabsichtigt die „deutsche Volks- und Kulturgemeinschaft“ geschlossen von der Uni zum Heldentor zu marschieren, um dort vor der Figur des toten Kriegers, in dessen Sockel noch immer das nationalsozialistische Bekenntnis ihres Erschaffers Wilhem Frass verborgen liegt, einen Kranz niederzulegen. Auf die angekündigte Beteiligung einer Abordnung der Theresianischen Militärakademie werden die Kameraden allerdings verzichten müssen. Das Wehrgesetz verbietet Soldaten in Uniform, ob einzeln oder in Abordnungen, an parteipolitischen Veranstaltungen teilzunehmen.
Organisert wird die Veranstaltung pikanterweise in den Räumlichkeiten des Parlaments, von Walter Asperl, einem Mitarbeiter des freiheitlichen Klubs. Wer sich genauer informieren möchte: 0222/401 10-5842.
Einer der drei Veranstalter, der „Ring Volkstreuer Verbände“ (RVV) agiert laut Handbuch des österreichischen Rechtsextremismus seit dreißig Jahren als Dachverband mit integrativer Funktion im rechtsextremen Lager. Er sei allerdings in letzter Zeit wenig hervorgetreten. Der RVV setzt sich nach Eigenangaben für die Erhaltung der „biologischen Substanz des deutschen Volkes“ ein. Seine Kontakte sind einschlägig. Burgers NDP fällt ebenso darunter wie die „Kameradschaft IV“, der Traditionsverband der Waffen-SS oder die „Österreichische Landsmannschaft“. RVV-Obmann Walter Sucher, der auch schon mal bei der „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ (AFP) referierte, gehört seit 1987 der Landesparteileitung der Wiener FPÖ an und sitzt für diese im Josefstädter Bezirksrat. Zu seinen Vorgängern als Obmann gehörte auch ein ehemaliger SS-Offizier und Blutordensträger, Roland Timmel.
Bereits vor acht Jahren erläuterte FPÖ-Funktionär Sucher in der „Aula“ (11/1988), wie das Millenium von Kameraden angemessen zu begehen sei: „Die nationale Identität der Österreicher, mit Ausnahme der Minderheiten, versteht sich darin, daß die Österreicher seit 1000 Jahren ein Teil der deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft sind. (...) Jedes Rütteln an dieser nationalen Identität würde unser Österreich schwächen und vernichten.“
Mittlerweile hat sich ein Aktionsbündnis gegen den Festkommers gebildet. Dieses plant für den 29. und 30. November ein antifaschistisches Symposium an der Uni Wien und am 30. November eine Gegendemonstration (Beginn: 16 Uhr 30 bei der Unirampe).
Nähere Informationen beim Alternativreferat am Zentralausschuß der ÖH,
Tel.: 0222/310 88 80-23 od. -55, Journaldienst jeden Dienstag 12-15 Uhr.