Wurzelwerk » Jahrgang 1982 » Wurzelwerk 13
Robert Weninger

Regenwasser-Nutzung

Ein Beitrag zur Einsparung von Trinkwasser

Über „Energiesparen“ ist in letzter Zeit viel geredet und auch veröffentlicht worden. Wenn aber auf diesem Gebiet noch viel zu wenig unternommen worden ist, so gilt dies umso mehr für den Bereich der Wassereinsparung. Die Zukunft der Wasserversorgung ist nämlich genauso ungewiß wie die der Energie.

Wasserversorgung ohne Zukunft?

Bis zum Jahr 2000 wird sich die Gesamtwassernachfrage nahezu verdoppelt haben. Quellwasser, Grundwasser, Uferfiltrat, für Stromerzeugung und Kühlung, zum Waschen, Spülen und Gießen, für’s WC und zum Trinken.

Den weitaus höchsten Bedarf hat die Industrie, eben deswegen mit Vorliebe an Flußläufen angesiedelt. Dies hat neben einer ständigen Qualitätsverminderung durch Schadstoffaustritt auch noch andere Folgen. Die Flußtemperatur erhöht sich und der Sauerstoffgehalt fällt.

Naturferner Wasserbau tut das seine, um die Ablaufgeschwindigkeit zu erhöhen. Mit der Zeit verlieren die Flüsse ihre selbstreinigende Kraft und ziehen schließlich als Kloake durch die Lande.

Wenn sich der Zustand unserer Fließgewässer in der eben geschilderten Weise verändert, ist auch die Trinkwasserversorgung gefährdet.

Denn die Hochquellen reichen schon längst nicht mehr. Und der besorgniserregende Zustand des Grundwassers wurde in letzter Zeit allerorts mehr als transparent. Auch hier trägt die Industrie ein gewaltiges Scherflein bei. Den Rest erledigen Mülldeponien.

Bundesdeutsche Erfahrungen dokumentieren, was auf uns zukommt. Mehr als ein Drittel des Trinkwassers wird dort bereits aus Flüssen und Seen „wiederaufbereitet“. Sind diese aber zu stark verschmutzt, ist eine Trinkwassergewinnung unmöglich.

Das Wasser wird schlechter und teurer.

Trotz alledem verschließen sich die Behörden immer noch weitestgehend diesen Problemen. Wenn aber schon heute die Bedarfsdeckung schwierig wird, wie soll dann bei steigender Austrocknung und Verschmutzung ein stark wachsender Bedarf gedeckt werden? Die einzige Lösung, die letztendlich zur Verfügung steht, wird von den Politikern nur ungern geäußert: die Ausrichtung des Wasserbedarfs nach dem Angebot. Schließlich können wir auch beim Trinkwasser nicht mehr verbrauchen, als uns zur Verfügung steht.

Alternativen

Wie eingangs erwähnt wurde, stehen wir unmittelbar vor einer bedrohlichen Wasserkrise, die wohl nur durch umfangreiche Sparmaßnahmen zu beheben ist. Dies ist durchaus ohne Verlust an Lebensqualität, ja, auch ohne empfindliche Mehrkosten möglich. Vor allem im privaten Bereich ist bei entsprechender Eigenleistung konstruktive Lebensfreude und Schonung der ohnedies bereits sehr belasteten Brieftasche möglich.

Die im folgenden angerissenen Möglichkeiten sollen einen Denkanstoß geben, sowohl zur technischen Innovation unter Berücksichtigung ökologischer Grundlagen als auch zur privaten Eigeninitative.

Wasser sparen in der Industrie

Durch die Verwendung von Filteranlagen ist es in manchen Bereichen der Industrie möglich, im Produktionsprozeß geschlossene Wasserkreisläufe einzurichten. In der Papierindustrie zum Beispiel läßt sich der Wasserverbrauch durch eine solche Modifikation drastisch senken. Bei der Herstellung von Recycling-Papier kann zusätzlich der Energieverbrauch ungefähr um die Hälfte gesenkt werden. Dadurch werden indirekt wieder die Gewässer geschont.

Abwärme nutzen

Die riesigen Mengen an Abwärme, die bei der Stromerzeugung und in der Industrie anfallen, werden größtenteils in unsere Flüsse geleitet. Durch die Errichtung kleinerer Kraftwerke in der Nähe von Wohngebieten könnte die Abwärme zur Wohnraumbeheizung und Warmwasserbereitung genutzt werden. Industrieller Prozeßdampf wird ja teilweise schon genutzt, doch sollte man die Fernwärme keinesfalls als Stein der Weisen betrachten. Gegenüber zentralen Abhängigkeiten ist Skepsis sicher angebracht.

Fließgeschwindigkeit verlangsamen

Heute werden immer noch vielerorts Flüsse begradigt und eingefaßt, feuchte Böden drainagiert und natürlich auch ständig neue Straßen mit Entwässerungssystemen gebaut. Die Benutzung von Regenwasser als Vorfluter für Großkläranlagen zeugt auch nicht eben von ökologischer Vernunft. All diese Maßnahmen führen zu einer Beschleunigung des Gewässerablaufes. Die Dürre ais Preis für den Hochwasserschutz? Aufgabe öffentlicher Planung müßte es sen, diese Entwicklung zu stoppen und darüber hinaus durch Rückhaltebecken u.ä. die Abflußgeschwindigkeit unserer Gewässer zu verlangsamen. Dadurch erreicht man auch wieder eine Anhebung des Grundwasserspiegels und somit — falls die Qualität noch vorhanden ist — auch wieder eine höhere Trinkwasserausbeute.

Getrennte Wasserversorgung?

Wie den bisherigen Ausführungen unschwer zu entnehmen ist, wird nur ein kleiner Teil des anfallenden Wassers zu Trinkwasserzwecken verwendet. Trotzdem wäre es wenig sinnvoll, eine großräumige Wasserversorgung mit getrennten Kreisläufen für Brauch- und Trinkwasser zu installieren, wie es seit einiger Zeit von offensichtlich nicht ganz ernst zu nehmenden Wissenschaftlern gefordert wird. Der Aufwand übersteigt den Nutzen bei weitem.

Durchaus angebracht wäre es jedoch, das bei Ein- und Zweifamilienhäusern schon bestehende zweite Wasserleitungssystem, nämlich die Regenwasser(ab)leitungen zur Versorgung zu adaptieren.

Regenwasser kann leicht gespeichert werden und zur Verwendung in der Waschmaschine, der Toilettenspülung und für die Gartenbewässerung dienen.

Regenwasser im Haushalt

Bei der Ermittlung der nutzbaren Wassermenge spielt natürlich die geographische Lage, noch mehr aber die Höhe über dem Meeresspiegel eine entscheidende Rolle. Glücklicherweise verteilt sich der Niederschlag in Mitteleuropa relativ gleichmäßig. Da Regenwasser leicht zu speichern ist, kann bei sachgerechter Installation eine maximale Nutzung vorausgesetzt werden. Ist der Speicher groß genug bemessen, kann man im März, dem niederschlagärmsten Monat, immerhin noch mit etwa 180 Litern täglich rechnen.

Die volle Nutzung des Regenwasserangebots und somit die größtmögliche Einsparung ist aber auch mit einem Umdenkprozeß verbunden. Genauso, wie der Bauer das Heu dann einbringt, wenn schönes Wetter ist, sollte auch das Regenwasser dann genutzt werden, wenn es von der Vorratshaltung her sinnvoll erscheint, d.h.: den Wasserverbrauch dann erhöhen, wenn das Angebot steigt (vor einem herannahenden Gewitter das Auto waschen oder die Waschmaschine anwerfen). Außerdem ergeben sich durch die Verwendung des weichen Regenwassers zum Wäschewaschen erhebliche Einsparungen an Waschpulver. Auch die Kalkbildung in der Waschmaschine wird drastisch vermindert, was die Verschleißfestigkeit erhöht (im südlichen Niederösterreich ist das Wasser aus den Wasserleitungen nicht nur qualitativ immer bedenklicher, sondern auch überhart!).

Die Bewässerung des Gartens mit Regenwasser läßt — wie jeder Gärtner weiß — die Pflanzen am besten gedeihen. Uberhöhter Säuregehalt läßt sich durch die Beigabe von Kalk reduzieren. Der Sauerstoff freilich ...?

An die 100 Liter pro Person und Tag können jedenfalls durch Regenwassernutzung ersetzt werden. Die rechtliche Situation in Österreich ist zwar unklar, sollte jedoch niemand hindern, im Rahmen seiner Möglichkeiten das zu tun, was für ihn und letztlich auch für die Volkswirtschaft sinnvoll ist: sparen!

Es fehlt hier der Raum, genaue Bauanleitungen, Systeme und Details zu präsentieren. Wir sind aber gerne bereit, eine detaillierte Broschüre zu verlegen, die es jedermann ermöglicht, die für ihn in Frage kommenden Möglichkeiten zu prüfen. Sollte sich überraschenderweise eine öffentliche Stelle finden, die bereit ist, eine solche Publikation zu finanzieren, wären wir mit Freude dazu bereit.

Zur Praxis nur soviel: prinzipiell sind zwei Systeme möglich. Das Schwerkraftsystem ist an bestimmte Gegebenheiten gebunden und wird in der Verwirklichung weit weniger Verwendung finden als das Druck(Pumpen)system. Dafür liegt es in den Anlagekosten sehr niedrig. Toilettendruckspüler können allerdings nicht angeschlossen werden, da sie einen Wasserdruck von mindestens 2-3 atü benötigen. In beiden Fällen ist die weitgehende Verwendung von Altmaterialien möglich. Erforderlich sind beim Pumpensystem Rückschlag- und Sicherheitsventile, Grob- und Feinfilter, Ausdehnungsbehälter, ein entsprechender Sammler und natürlich die Pumpe. Konventionelles Installationszubehör komplettiert die Anlage. Als Sammelbehälter kommen verzinkte, betonierte und solche aus Kunstoff in Frage. Am preiswertesten dürften momentan ausrangierte Öltanks und -wannen sein. Eine gründliche Reinigung mit Terpentin is obligat. Schmutzfilter sollen verhindern, daß Teilchen in die Ventile gelangen und Undichtheiten hervorrufen oder den Überlauf verstopfen.

Technisch überfordert? Der Lokale Klempner wird mit Freude einen neuen Anwendungsbereich erschließen.

Dezentrale Aufträge an kleine und mittlere Gewerbetreibende, die gleichzeitig das Trinkwasserverteilungsnetz entlasten, die Wasserversorgung auch in Trockenperioden sichern, die Wasserqualität durch weniger Aufbereitung verbessern, den Energieverbrauch reduzieren und die Abwasserqualität durch die geringere Verwendung von Waschmitteln erhöhen: Volkswirtschaft, was willst du mehr?

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Erstveröffentlichung im FORVM:
August
1982
, Seite 11
Autor/inn/en:

Robert Weninger:

Robert Weninger war von 1981 bis 1985 Herausgeber der Zeitschrift „Wurzelwerk“.

Lizenz dieses Beitrags:
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