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Lorenz Glatz (Übersetzung) • Paolo Lago

Otium und Negotium in der Komödie…

Soli omnium otiosi sunt qui sapientiae vacant, soli vivunt.
(Allein von allen sind die der Muße hingegeben, die für Philosophie Zeit haben; sie allein leben. )

Seneca, De brevitate vitae, XIV, 1

Für das lateinische Wort otium (Muße) sind verschiedene interessante Etymologien vorgeschlagen worden: Auf einen Ursprung im Hirtenleben hebt die von Eduard Schwyzer in einem Artikel von 1927 vorgelegte ab: Otium komme von *oui-tium (von ovis „Schaf“), werde dann zu *ou-(i)-tium und *ou-tium (das Sternchen bedeutet, dass ein Wort eine Rekonstruktion der Sprachwissenschaftler ist und nirgendwo bezeugt ist). Der Autor des Artikels mischt phonetische Gesetzmäßigkeiten mit soziologischen Überlegungen: Die Hirtenkultur stelle ein Leben in dauernder Ruhe dar. [1] Schwyzer legt später eine weitere, etwas merkwürdige Etymologie vor, in der er das Element oui mit omentum (Darmhaut) verbindet: Aufgrund einer Untersuchung des Vokabulars der baltischen Dialekte bezüglich Schuhwerk definiert er otium als die Zeit des „beschuhten Mannes“, des homo *otus, bekleidet und geschmückt um Festtage zu begehen. Er würde so das Gegenteil des homo nudus darstellen, des Arbeiters, der sich für die Arbeit entblößt hat. [2]

Eine weitere Etymologie, die vorgeschlagen wurde, [3] geht auf einen militärischen Ursprung zurück, indem sie sich mit dem Begriff der indutiae, des Waffenstillstands, verbindet. Die Ableitung lässt das Wort otium auf das altindische átati zurückgehen: „kommen und gehen“ (wie annus (Jahr), zu altindisch at-no, das sich auf den Sonnenlauf nach dem antiken Weltbild bezieht). Otium würde so die Freiheit, sich frei im Nicht-Krieg, in der Nicht-Belagerung zu bewegen, ausdrücken: Das Gegensatzpaar domi (im Frieden) – militiae (im Krieg) wäre demnach gleichbedeutend mit dem von otium – negotium (eine Gegenüberstellung, die in der Epoche der Punischen Kriege wirklich existierte).

Betrachten wir also diese Opposition otium – negotium. Das erste Wort ist älter als das zweite. Am Anfang gab es otium, das ruhige und jeglicher Verpflichtung ledige Leben, die glücklichen Tage (Tage des goldenen Zeitalters, goldenen Tage), die otia dia, die Vergil in den Georgica (Verse 490-528) beschreibt. Nach Saturn jedoch, dem König der Bauern, nicht nur der Hirten, lernt Latium derselben mythischen Erzählung Vergils zufolge tyrannisch erzwungene Arbeit kennen, die negotium heißt, also gebunden ist an die Entwicklung der Erfordernisse und Tätigkeiten des Bauernlebens, das die Hirtenkultur ablöst). Dieses Wort negotium ist eine Lehnübersetzung des griechischen ascholia (wobei dem alpha privativum das lateinische Präfix neg– entspricht), des Gegenteils von scholé (freie Zeit, Muße), dem Äquivalent des lateinischen otium. Während aber die negotia wenigstens bis zur Zeit Ciceros (1. Jh. v. Chr. ) unbestritten hoch geschätzt wurden, den moralischen Sinn von Pflicht hatten, sind im Gegensatz dazu in der griechischen Literatur, bei Platon wie in den Texten der Epikureer, die ascholíai ungelegen, fallen lästig, während scholé einen absoluten Wert für die Menschheit darstellt. Erst später wird sich das lateinische Paar otium – negotium schrittweise an das griechische scholé – ascholía annähern, bis sie sich schließlich bei Seneca in seinen Briefen an Lucilius völlig entsprechen (wir sind nunmehr im 1. Jh. n. Chr).

Sehen wir nun, wie otium und negotium sich bei den lateinischen Autoren ausnehmen, die sie am meisten verwendet haben. Beginnen wir mit der Komödie. Die Palliata (die Komödie in griechischem Gewand, dem pallium, dem typisch griechischen Kleid, das die Schauspieler trugen) bringt Personen auf die Bühne, die sich der „vita otiosa“ (dem müßigen Leben) widmeten, in den Augen des Philosophen Antisthenes [4] die Vorbedingung des Lebens jedes Edelmannes. Die Helden der Palliata (Schmarotzer, verliebte junge Leute, gerissene Sklaven, alte Kaufleute und Soldaten) geraten daher in Konflikt mit der altrömischen Moral, dem mos maiorum: Sie fordern die Werte des civis romanus und das auf der Familie basierende Ideal der Ehe heraus. In den Komödien des Plautus (gestorben 184 v. Chr.) befindet sich das otium stets in einer Gegensatzbeziehung zu seinen wichtigsten Koordinaten, dem Krieg und dem Beruf. Diese Tätigkeiten werden in der plautinischen Komödie üblicherweise mit den Worten officium und negotium bezeichnet, wobei otium dem negotium unter einem rein konkreten Gesichtspunkt ohne irgendeine philosophische Implikation gegenübersteht. Ob in der Palliata oder in der Togata (der Komödie in römischem Gewand, von der nur Fragmente erhalten sind; benannt nach der Toga, dem römischen Kleid par excellence) – soziale Ausgewogenheit ist weit weniger wichtig als ein ausgewogenes Verhältnis zwischen otium und negotium.

Im Phormio von Terenz (gestorben 159 v. Chr.) begegnet uns eine feine Parodie des otium honestum (Muße in Ehren), das in jedem Fall einige Formen von Aktivität vorsieht und nicht eigentlich ein „Nichtstun“. Der Parasit Phormio will schnellstens seine Aufträge erledigen, um sich endlich seinem geliebten otium zu widmen. … una mihi res etiam restat quae est conficiunda, otium ab senibus ad potandum ut habeam (V. 831-32) („Nun bleibt mir nur noch eines zu erreichen: dass die Alten mir zum Saufen Muße lassen.“) Mit Terenz wird zugleich der Bereich des Militärischen definitiv von dem des „negotium“ getrennt. Das bellum, der Krieg, wird nicht mehr als negotium angesehen (man erinnere sich an das weiter oben Gesagte). Tatsächlich schreibt der Komödiendichter im Prolog der Adelphoi: … quorum / opera in bello, in otio, in negotio / suo quisque tempore usust sine superbia (V. 15-17) („Von deren Dienst im Krieg, in otium, in negotium ein jeder seinen Vorteil zog ohne Stolz“) und trennt dabei otium und negotium von bellum. Die Bedeutung von otium und negotium zur Zeit des Terenz wird von C. Dziatzko so erklärt: „Dem Begriff bellum stehen otium und negotium gegenüber, beide setzen friedliche Zustände voraus, und zwar negotium in Bezug auf die öffentliche (z. B. richterliche oder verwaltende), otium hinsichtlich der privaten Tätigkeit und Hilfeleistung der gedachten Männer.“ [5]

… bei Cicero

Cicero (ermordet 43 v. Chr. ) stellt in De officiis (III, 1) das edle und frei gewählte otium dem erzwungenen Rückzug des enttäuschten Mannes gegenüber. Bezüglich der Begriffe otium und negotium greift Cicero in vielen Werken auf die Ideale des so genannten Sipionenkreises (um Scipio Aemilianus in der zweiten Hälfte des 2. Jh. v. Chr. ) zurück und stellt darin seine eigenen Ideale des bürgerlichen und kulturellen Lebens dar. Es sind eben diese „Scipionen“ (zu denen man auch den Dichter Lucilius zählen kann, den ersten Angehörigen der Aristokratie der Landstädte, der die negotia und überhaupt öffentliche Tätigkeit ablehnt), die bewusst eine Art neues Leben gegen die althergebrachte Tradition und gegen die landläufige Voreingenommenheit einführen wollen. Im Kontakt mit der griechischen Kultur wandelt sich die ursprüngliche Beziehung zwischen otium und negotium grundlegend, wobei sich auch der Inhalt von otium ändert. Dieses ist nicht einfach otiosum, eher eine inspirierte, auf Wirksamkeit bedachte Meditation. Zum Sprecher eines solchen Konzepts macht sich Tubero in Ciceros De re publica. In De Oratore bekräftigt Cicero, dass der Idealzustand eines Individuums auf einem heiteren Wechsel von otium und negotium beruht. Dabei hat das Verlangen nach otium auch kulturelle Bedeutung; nach Jean Marie André „verlangt das römische Bewusstsein in De Oratore, dass otium die Kultur bestimmt und nicht die Kultur das otium“. [6]

… bei den augusteischen Dichtern

Bei Horaz (65 v. – 8 v. Chr. ) hingegen preist der Sprecher in Epoden 2 sein Ideal von Befreiung, indem er empfiehlt auf politische officia und jeglichen Ehrgeiz zu verzichten: … beatus ille, qui procul negotiis … (V. 1) („… glücklich jener, der fern von Geschäften …“). Derselbe Dichter lobpreist das otium in den Schlussversen der autobiographischen Satire I, 6: pransus non avide, quantum interpellet inani / ventre diem durare, domesticus otior. haec est / vita solutorum misera ambitione gravique; / his me consolor victurum suavius ac si / quaestor avus pater atque meus patruusque fuisset (V. 127-131) („Nachdem ich ohne Gier gefrühstückt habe, gerade so viel um den Tag über den Bauch nicht leer zu haben, treib ich zu Hause Müßiggang. Das ist das Leben derer, die sich vom Kummer und Beschwernis bringenden Ehrgeiz gelöst haben. Ich finde Ruhe beim Gedanken, dass ich so angenehmer lebe, als wenn mein Großvater, Vater und Onkel Quästoren gewesen wären.“). Auch in den Oden singt Horaz das Lob des otium: In Ode I, 1 haben wir einen Hymnus auf das ruhige Leben vor uns, in Ode IV, 15 hinwiederum eine Anrufung der Pax-otium gegen den Zorn, „der Schwerter schmiedet und die unglücklichen Städte verfeindet.“

Auch für Vergil (70 v. – 19 v. Chr. ) steht otium in Verbindung mit einem Friedensideal, das eine Form heiterer und glücklicher Aktivität voraussetzt. In Bucolica I, 6 wendet sich der Hirt Tityrus an Meliboeus mit den Worten: O Meliboee, Deus nobis haec otia fecit („Meliboeus, ein Gott hat uns diesen Frieden geschenkt“) – in diesem Fall kann man otium ganz treffend mit „Friede“ übersetzen, was den Frieden des Landlebens, aber auch die Abwesenheit von Krieg meint). „Die otia“, bemerkt André noch, „meinen die freudvolle Tätigkeit auf dem befriedeten Land, das vom miles impius [ruchlosen Soldaten] durch die Pax befreit und der verrückten Hektik der Städte entzogen ist“. [7]

Aber der Dichter, der mehr als alle anderen bis in Innerste einem Ideal von otium anhängt, ist Ovid (43 v. – 17/18 n. Chr. ). Im Exil in Tomi am Schwarzen Meer (wohin er von Augustus 8 n. Chr. verbannt wurde) schafft er in den Tristia bewegte Elegien voller Melancholie. Wenn er im ersten Buch dieses Werks aus der Verbannung an seine Reise ans Schwarze Meer zurückdenkt, setzt er otium und literarische Tätigkeit in eins – ein Schreiber, ein Intellektueller braucht zum Schreiben otium: carmina proveniunt animo deducta sereno; / nubila sunt subitis pectora nostra malis. / carmina secessum scribentis et otia quaerunt; / me mare, me venti, me fera iactat hiems (I, 39-42) (Dichtung entspringt einem heiteren Gemüt; / mein Herz ist umwölkt von unerwartetem Unglück. / Gedichte brauchen Abgeschiedenheit und Muße beim Schreiben, / mich treiben umher Meer, Winde und harter Winter). An einer anderen Stelle der Tristia stellt sich Ovid als der Dichter dar, der schlechthin dem otium geweiht ist: quique fugax rerum securaque in otia natus, / mollis et impatiens ante laboris eram, / ultima nunc patior… (III, 2, 9-11) (und ich, der ich ein geschäftiges Leben vermied und zur Muße geboren, früher verwöhnt war und keine Anstrengung aushalten mochte, erlebe jetzt Schlimmstes). In dieser Passage steht otium als Gegensatz zu labor, dem lateinischen Wort, von dem italienisch „lavoro“, englisch „labour“ kommt (sodass man sagen kann, dass in gewissem Sinn hier labor mit negotium zusammenfällt). Im Weiteren erinnert sich Ovid an seine Vergangenheit am Hof des Augustus, als er mit Entschiedenheit negotium und politischer Anstrengung (labor) aus dem Weg ging: maius erat nostris viribus illud onus. / nec patiens corpus, nec mens fuit apta labori, / sollicitaeque fugax ambitionis eram, / et petere Aoniae suadebant tuta sorores / otia, iudicio semper amata meo (IV, 10, 36-40) („Zu groß war für meine Kräfte jene Last [der Senat]. / Weder hielt aus sie der Körper noch war mein Charakter für diese Anstrengung/Arbeit geeignet, / und ich mied Aufregung und Ehrgeiz. Die aonischen Schwestern [die Musen] rieten mir sichere Muße zu suchen, die ich aus eigenem Urteil immer schon liebte“).

Bei Ovid verlangen auch die Freuden der Liebe nach otium als ihrem Lebenselement. So schrieb der Dichter in den Remedia amoris („Heilmittel gegen die Liebe“) (V. 141-144): quam platanus vino gaudet, quam populus unda / et quam limosa canna palustris humo, / tam Venus otia amat; qui finem quaeris amoris, / cedit amor rebus; res age: tutus eris („Wie sich die Platane der Weinranke erfreut, wie die Pappel des Wassers, / und wie das Schilf im Sumpf sich des schlammigen Bodens, / so liebt Venus die Muße; du suchst eine Liebe zu beenden – Liebe weicht dem Geschäft; sei geschäftig und du wirst es sicher erreichen“).

… und bei Seneca

Von einem Poeten zu einem Philosophen. Es war Seneca (4 v. – 65 n. ), der das otium als Lebensweise voll rehabilitiert hat. Genauer gesagt ist es seine Schrift De brevitate vitae („Von der Kürze des Lebens“), in der er sich darum bemüht, einen positiven Sinn der Ausdrücke otiosus und otiosa vita herauszuarbeiten. Die Abschnitte XII, 2, XIII, 1 und XIV, 1 sind eine methodische Anstrengung, die Muße zu rehabilitieren, die Kapitel XII und XIII stellen eine Anklage gegen die landläufigen Definitionen der vita otiosa dar, während der Beginn des XIV. eine engagierte Verteidigung des philosophischen otium ins Werk setzt: soli omnium otiosi sunt qui sapientiae vacant, soli vivunt („Allein von allen sind diejenigen der Muße hingegeben, die für Philosophie Zeit haben; sie allein leben“). Was aber gemeinhin als otium – Muße – angesehen wird, ist das für Seneca nicht. Es war es damals nicht und ist es heutigen Tags nicht. Wir versuchen eine Gegenüberstellung dessen, was Seneca dazu in De brevitate vitae bezüglich der Menschen des 1. Jh. n. Chr. sagt, mit dem, was wir im Manifest gegen die Arbeit der Gruppe Krisis aus dem Jahre 1999 lesen.

So schreibt Seneca: Persequi singulos longum est, quorum aut latrunculi aut pila aut excoquendi in sole corporis cura consumpsere vitam. Non sunt otiosi, quorum voluptates multum negotii habent (XIII, 1) („Es würde zu weit führen, alle aufzuzählen, die ihr Leben bei Brett- oder Ballspiel oder in der Sorge vertan haben, ihren Körper in der Sonne ausbraten zu lassen. Nicht in Muße leben die, deren Vergnügungen viel Mühe kosten“).

Seneca und das „Manifest gegen die Arbeit“

Und so lesen wir im Manifest gegen die Arbeit: „Sobald es [das moderne Individuum] sich aus dem Fernsehsessel erhebt und aktiv wird, verwandelt sich jedes Tun sofort in ein arbeitsähnliches. Der Jogger ersetzt die Stechuhr durch die Stoppuhr, im chromblanken Fitnessstudio erlebt die Tretmühle ihre postmoderne Wiedergeburt und die Urlauber schrubben in ihrem Auto Kilometer herunter, als müssten sie die Jahresleistung eines Fernfahrers erbringen.“ [8]

Im Rom Senecas wie in der heutigen Zeit ist „Freizeit“, die in Folge der negotia, der Anstrengung, der Arbeit, existiert, selber wiederum Anstrengung, Arbeit, weil sie immer an die restriktive Logik des negotium gebunden bleibt. Deswegen muss für Seneca die wirkliche „Freizeit“, die Muße, der Sorge und Pflege für sich selbst gewidmet sein. Wie Michel Foucault beobachtet hat, erreicht die Anwendung auf sich selbst bei Seneca eine bemerkenswerte Breite und wird mit einer Palette von Ausdrücken bezeichnet: secum morari (bei sich weilen), suum fieri (seines werden), in se recedere (zu sich kommen) etc. , alles dies um eine vacatio (Freisein) zu erreichen, eine Freiheit für sich selbst. Diesbezüglich kann man auch an De brevitate vitae VII, 5 erinnern: Magni, mihi crede, et supra humanos errores eminentis viri est nihil ex suo tempore delibari sinere, et ideo eius vita longissima est, quia, quantumcumque patuit, totum ipsi vacavit („Glaube mir, es braucht einen großen und über die menschlichen Irrtümer sich erhebenden Mann, sich von seiner Zeit nichts nehmen zu lassen, und sein Leben ist deswegen ein langes, weil er, wie lange auch immer es dauerte, ganz für sich da war“). Dieses beständige Achten auf die Rückkehr zu sich selbst nimmt zweifellos die künftigen Ideale vorweg, die in De otio (datierbar auf 62 n. Chr., in den Zeiten seines Rückzugs aus dem politischen Leben) zum Ausdruck kommen, das sich sozusagen als „esoterisches“ Werk darstellt (im Sinne, dass es wenigen Auserwählten vorbehalten blieb) und der Bildung des vollkommenen stoischen Weisen in Übereinstimmung mit der Moral eines Bürgers und dem Weltgesetz gewidmet ist, für den sich das otium in kontemplative Einsamkeit transformiert.

Schließlich, um diesen schnellen Durchgang durch die lateinischen Autoren abzuschließen, kann man beobachten, wie der hauptsächliche Gehalt des otium, seine positive Energie, vielleicht gerade in diesem Für-sich-selbst-Sein liegt, in dieser Sorge, die auf das Innere und auf die Realität, in einer bestimmten Weise existieren zu müssen, auf das „Innehalten und Reflektieren“ verwendet wird, was heute umso mehr zu schätzen wäre, in einer Gesellschaft, die vollkommen auf Geschwindigkeit und Irrealität setzt. Das Für-sich-selbst-Sein könnte sich auf eine ganze künftige Weltgemeinschaft erstrecken, in der Weise eines Projekts eines realen otium gegen ein irreales negotium, gegen die alte, kranke Gesellschaft des negotium, die sich auf eine Demokratie der Bomben und auf massenhafte Vernichtung gründet.

aus dem Italienischen übersetzt von Lorenz Glatz

Verwendete Literatur

  • André, J. M. , Recherches sur l’otium romain, Les Belles Lettres, Paris 1962.
  • Id. , L’otium dans la vie morale et intellectuelle romaine (des origines à l’époque augustéenne), Presses Universitaires de France, Paris 1966.
  • Dziatzco, C. , Ausgewählte Komödien des P. Terentius Afer, erklärt von C. Dziatzko, Leipzig 1881.
  • Fick, A. , Vergleichendes Wörterbuch der Indogermanischen Sprachen, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1870-71, vol. I, 1870.
  • Foucault, M. , Le souci de soi, Gallimard, Paris 1984.
  • Gruppe Krisis, Manifest gegen die Arbeit, Eigenverlag, Juni 1999.
  • Schwyzer, A. , Etymologisch-Kulturgeschichtliches, Indogermanische Forschungen, 45, 1927, S. 252-266.

[1E. Schwyzer, Etymologisch-Kulturgeschichtliches, Indogermanische Forschungen, 45, 1927, S. 252-266, S. 261ff.

[2Ebenda.

[3Aus: A. Fick, Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1870-71, Bd. I, 1870, S. 338.

[4Diogenes Laertios, Leben und Meinungen der großen Philosophen VI, 51.

[5Ausgewählte Kömodien des P. Terentius Afer, erklärt von C. Dziatzko, Leipzig 1881, S. 21.

[6J. M. André, L‘otium dans la vie morale et intellectuelle Romaine (des origines a l’époque augustéenne), Presses Universitaires de France, Paris 1966, S. 309: „La conscience romaine, dans le De Oratore, exige que l‘otium appelle la culture, et non la culture l‘otium“ (Übersetzung im Text von L. G. ).

[7Ebenda S. 505: „Les otia représentent l’effort joyeux dans les campagnes pacifieés, liberées du miles impius par la Pax et soustraites à la trépidation frénétique des villes“ (Übersetzung im Text von L. G. ).

[8Gruppe Krisis, Manifest gegen die Arbeit, Juni 1999 im Eigenverlag, S. 35.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
Juni
2005
, Seite 15
Autor/inn/en:

Lorenz Glatz:

Geboren 1948, 32 Jahre Latein- und Griechischlehrer in Wien. Pensionist, Hausmann eines lieben Weibes, praktizierender Großvater, Leser, Schreiber und Webmaster.

Paolo Lago:

Geboren 1974. Lebt in Livorno, studierte Klassische Philologie in Pisa, in Verona dottorato di ricerca für Literaturwissenschaft. Er beschäftigt sich mit der Rezeption klassischer Literatur in der Moderne und Postmoderne, dem Verhältnis von Literatur und Kino sowie Theorie und Kritik des Kinos.

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