FŒHN » Heft 12
Markus Wilhelm

Österreich räumt

  • Die Lapp-Finze Eisenwarenfabrik AG der CA, die 1979 zu 51 Prozent an die deutsche Roto-Frank GmbH verkauft worden war, ging 1980 zur Gänze an diese über.
  • Die Hübner Vamag — Wien wurde 1980 an die amerikanische Firma Combustion Engineering verkauft. Sie wurde 1988 vom deutschen Pleitier Zieringer in den Konkurs getrieben (320 Arbeiter).
  • Die Spinnerei der Pottendorfer Textilwerke in Felixdorf wurde 1982 von der CA an die Schweizer Thyll-Gruppe verkauft.
  • Die dortige Weberei ging an die bundesdeutsche Familie Piduhn (Dortmund), der bereits die Spinnerei und Weberei Ebensee AG gehört.
  • Die Piltex Tapeten- und Textilwarenerzeugungs GmbH ging 1982 vollständig in den Besitz des bisherigen Hälfteeigentümers Skandinaviska Jute Aktienbolag.
  • Die CA verkaufte 1983 den 26%-Anteil von Andritz an den Jenbacher Werken an den deutschen Staatsbürger Dr. Georg Zundel.
  • Die Mehrheit der Neudagam GmbH ging an die schweizerische SWI AG.
  • Die verstaatlichte Siemens Austria wurde nach und nach an den Siemens Konzern verkauft. Die Republik Österreich hält heute nur noch 26%.
  • Semperit wurde 1985 (mit 250 Millionen Schilling Steuermitteln saniert) um 330 Millionen Schilling zu 75 % an die Continental Gummiwerke AG in Hannover verkauft — mit einer Zugabe von 950 Millionen Schilling Steuergeldem.
  • Die Kunststofferzeugung Semperdur ging an ein Privatuntemehmen, das 1986 von zwei bulgarischen Firmen übernommen wurde.
  • Die Semperit Tochtergesellschaft Interplastic wurde an den britischen Chemiekon- zern ICI verkauft.
  • Die CA verkaufte 1986 einen Teil ihres 42-Prozent-Aktienbesitzes an der Wertheim AG (1.035 Arbeiter) in die Schweiz (Schindler AG, jetzt 59%).
  • Die Steyr-Wälzlager Ges.m.b.H. wurde (zu 75 %) dem schwedischen Kugellagererzeuger SKF verkauft, der 1100 Arbeitern sofort die Kündigung aussprach, um sie zu schlechteren Bedingungen (z.T. nur befristet) wieder anzustellen.
  • Die CA hat die Mehrheitsbeteiligung an der Maschinenfabrik Heid (Drehmaschinenbereich) an den deutschen Rothenberger-Konzern verkauft (kommt durch Kapitalauf­stockung auf 75%; 350 Arbeiter). Vorherige Sanierung der Heid AG durch 550 Mio. Schilling Bundesmittel.
  • Die Sparte Antriebstechnik der Heid AG wurde an den deutschen Grupp-Konzern verkauft.
  • Die Sparte Agrartechnik der Heid AG ging an den deutschen Unternehmer Hans J. Gaede (der vermutlich im Auftrag einer US-Firma kaufte).
  • Die Austria-Haustechnik (Nachfolger von Bauknecht) wurde zu 51 % an den deutschen Rothenberger-Konzern und zu 49% an die schweizerische Finanzierungsge­sellschaft Bartusch verkauft. Bund und Land Steiermark haben noch 150 Millionen Schilling hinterhergeworfen.
  • Das Stölzle-Werk in Bärnbach und das Stölzle Werk in Köflach wurden von der CA an die deutsche Firma Grupp verkauft.
  • Das Stölzle-Werk der CA in Pöchlarn wurde an die schweizerische Vetropack- Gruppe verkauft.
  • Das Stölzle-Werk der CA in Nagelberg gehört heute der Voitl-Gruppe.
  • Die Maschinenfabrik Andritz der CA wird 1987 mehrheitlich der AGIV Aktiengesellschaft für Industrie und Verkehrswesen (im Besitz von Berliner Handelsbank und Frankfurter Bank) verkauft. (Sanierung mit 3,8 Mrd. S Bundesmitteln; Androsch: „Man muß die Braut zuerst schmücken.“; 1.440 Arbeitsplätze vernichtet)
  • Die Zweiradproduktion von Steyr-Daimler-Puch wurde an den italienischen Zweiradproduzenten Piaggio verkauft.
  • Die VÖEST verkauft 1987 die VÖEST Alpine Hebetechnik und Brückenbau AG (400 Arbeiter) an den deutschen Pleitier Zieringer. Dafür muß die Regierung ein Bundesgesetz ändern. Zieringer schickt den Betrieb in Konkurs und ist seitdem flüchtig.
  • Die CA verkauft den Steyr-Kromag-Betrieb Interhydraulic an die schwedische Firma SMZ.
  • Die AMAG verkauft 1988 50% an der Buntmetall Amstetten an die deutsche Kabel­Metall, 50% an der Austria Sekundär-Aluminium an die deutsche Sommer-Gruppe und 50% an der Austria Alu-Guß an den amerikanischen Alukonzem Reynolds.
  • Das Schweißrohrwerk der VÖEST in Krieglach (200 Arbeiter) wurde (1988) an den bayerischen Schweißrohrhersteller Bauer verkauft.
  • Die Mehrheitsanteile des Werksbereiches Präzisionsrohrtechnik in Krieglach wird 1988 von der deutschen Firma Reiche/Rotec übernommen.
  • Die aus der staatlichen Bleiberger Bergwerks-Union AG ausgegliederte BBU Metalle Ges.m.b.H. (200 Arbeiter) wird 1988 zu 51% von der Deutschen Metallgesellschaft übernommen.
  • Steyr (22%) und die CA (3%) geben 1988 25% der Imperial-Hotelkette (Imperial und Bristol in Wien, Goldener Hirsch in Sbg. und Europa in Ibk.) an die Ciga-Gruppe von Aga Khan ab.
  • Das Gußwerk II von Steyr Daimler Puch (in Steyr) wird 1988 von der deutschen Leon-Rot Gießerei übernommen (250 Arbeiter).
  • Die Chemie-Linz-Tochter Leopold & Co. (250 Arbeiter) wird 1988 an BASF ver­kauft.
  • Die CA verkauft 1988 das letzte Stölzle-Werk, den Betrieb in Köflach (480 Arbeiter), an den Deutschen Cornelius Grupp.
  • Die VÖEST gibt 1988 ihren Mehrheitsanteil an der Voest Alpine Glas GesmbH (160 Arbeiter) an die deutsche Flachglas GesmbH ab.
  • Die zur CA gehörenden Jenbacher Werke verkaufen 1989 die Intropa AG („eine der bedeutendsten heimischen Baumaschinenhandlungen“, »Presse«, 17.1.1989) an die Schweizer Rolba AG.

Nach der Schwerindustrie, der Maschinen- und Elektroindustrie sind die Banken dran. „Bereits jetzt suchen laut Informationen aus dem Bankensektor sechs europäische Großbanken einen Standort in Salzburg.“ (Presse, 20.7.1988) „Ein Sprecher der Bayerischen Vereinsbank sagte, die bestehenden Beteili­gungen (an den österreichischen Häusern Oberbank und BTV, Anm.) würden ‚auf Dauer nicht ausreichen‘.“ (TT, 12.1.1989) „Zu erwarten sei“, gibt der Standard (15.12.1988) den Wifo-Chef Kramer wieder, „daß ein deutsches Institut mit großer Kriegskasse sich eines der Institute schnappe und damit Einfluß auf die heimische Wirtschaft gewinne.“

Das Bankhaus Rössler AG wurde (1989) von der Ersten österreichischen Spar-Casse an die Continental Industries Co. verkauft. Eine japanische Versiche­rung (Sumitomo Life Insurance Co.) und eine japanische Vermögensverwal­tungsgesellschaft (Mitsubishi Trust & Bankings Corp.) haben 1988 fünf Prozent der Creditanstalt-BV übernommen.

Für ausländische Unternehmer ein gutes Gefühl, silch einen österreichischen Betrieb geangelt zu haben.

Andere Länder mögen Waren exportieren — Österreich exportiert Betriebe. Was an Staatsbetrieben nicht direkt dem Ausland, vornehmlich Deutschland übergeben worden ist, ist unter die Kontrolle des Auslandes, vornehmlich Deutschlands gebracht worden. Als Generaldirektor der VÖEST wurde der Chef der deutschen Mobil Oil, Herbert Lewinsky, geholt. Als Chef der Stahl-Holding der ÖIAG (VÖEST, Alpine, Boehler) wurde der Direktor der deut­schen Klöckner-Werke AG, Ludwig von Bogdandy, geholt. Als Steyr-Chef wurde der Vorstandsdirektor des deutschen Lkw-Herstellers MAN, Otto Voisard, geholt. An die Spitze des Aufsichtsrates der ÖIAG (Vizepräsident) wurde der Präsident der Deutschen Handelskammer in Österreich, das Vor­standsmitglied der Volkswagen-Werke AG, Horst Münzner, geholt. In den Aufsichtsrat der Stahlholding der ÖIAG wurde der frühere Vorstandsdirektor der deutschen Krupp Stahl AG, Alfred Randak, geholt. Usw.

Der Ausverkauf Österreichs setzt das sich hier einkaufende Auslandskapital in den Stand, den ganzen Anschluß zu fordern. Die fatale bisherige anti-österrei­chische Politik führt geradewegs zur Abschaffung Österreichs.

Die Herren gehen mit den Knechten um wie Herren mit Knechten umgehen

Und wie geht dieses von sich aus nach Österreich hereindrängende, aber dennoch kniefälligst hereingebettelte ausländische Kapital um mit unserem Land?

Die Konzerne reißen der Regierung Milliarden Schillinge heraus, und sie steckt dieses Geld, das sie von uns bekommen hat, um es für uns auszugeben, denen hinten und vorne hinein. Da hat die Liebherr AG immer noch nicht so viele Arbeiter, wie sie beim Einstreifen der Subventionen versprochen hat, und da produziert General Motors mit 300 Arbeitern weniger (als für die Schen­kung von Grundstücken und drei Milliarden in bar schriftlich zugesagt) um dreißig Prozent mehr als geplant. Da dürfen Konzerne legale Betriebsver­sammlungen verhindern und deren Initiatoren mit der Begründung „Schwerer Bruch des Arbeitsfriedens“ aus dem Betrieb schmeißen (z.B. Löwa in Wien, Juli 1988), und die Regierung reicht dafür noch das österreichische Staatswappen nach (1988 an Löwa). Da dürfen ungestraft Arbeiter terrorisiert werden: „Wenn zehn Leute an einer Sache arbeiten und jeder leistet 97 Prozent, fehlen dem Endprodukt immerhin 30 Prozent. Diese Differenz kostet einem Unternehmen seine Konkurrenzfähigkeit!“ (Aus 30 Promille werden 30 Prozent — wörtlich in General Motors intern 1/88.) Wenn die deutsche Sportartikelfir­ma adidas von der österreichischen Regierung Importbeschränkungen für Konkurrenzprodukte fordert und diese solche nicht erläßt, beantwortet adidas das mit der Schließung der Produktionsbetriebe in Oberösterreich und der Steiermark und der Halbierung der Arbeitsplätze in Kärnten (zus. 550 Arbei­ter). Wenn eine Firma wie Osram ihre Produktion in den noch billigeren Fernen Osten verlegt, darf sie die arbeitslos Gemachten noch öffentlich verhöhnen. „Rund 20 Arbeitskräften hat Osram auch angeboten, in ein neugegründetes Werk in Korea zu übersiedeln.“ (Kurier, 19.10.1987) Wenn wie 1982 die deutsche Daimler-Benz AG droht, die Zulieferungen aus Öster­reich einzustellen, falls nicht auch die teuren Mercedes-Modelle als Firmenau­tos steuerlich gefördert werden, beschließt der österreichische Nationalrat umgehend die gewünschte Gesetzesänderung. Wenn wie 1981 die Erdölmul­tis die Freigabe der Treibstoffpreise in Österreich fordern und die Regierung zögert, wird mitten in der Sommersaison eine Benzinknappheit inszeniert und die Regierung zum Nachgeben gezwungen.

Mit der Auslieferung wesentlicher Bereiche der Wirtschaft an das Ausland haben die Regierungen Österreichs Österreich nach Strich und Faden erpreß­bar gemacht. Die in Österreich erzielten Gewinne werden ins Ausland ver­schoben, die Arbeitsplätze jener, die sie erarbeitet haben, sind noch weit unsicherer als die bei heimischen Unternehmen. Wurden dort zwischen 1978 und 1983 7,6% der bestehenden Arbeiter arbeitslos gemacht, so wurde in den auslandsabhängigen Betrieben 17,3% der Arbeiter ihre Arbeit wieder wegge­nommen.

Wie multinationale Betriebe ihre hier gemachten Gewinne legal transferie­ren? Die ausländische Zentrale verkauft an ihre österreichische Zweigfirma Vormaterialien zu überhöhten Preisen, und dieser „österreichische“ Ferti­gungsbetrieb verkauft das Produkt zu einem zu niedrigen Preis an die Zentrale im Ausland. Zum Beispiel.

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Erstveröffentlichung im FORVM:
April
1989
, Seite 5
Autor/inn/en:

Markus Wilhelm:

Geboren 1956, von Beruf Zuspitzer in Sölden im Ötztal, Mitbegründer des FŒHN (1978-1981), Wiedergründer und Herausgeber des FŒHN (1984-1998). Seit 2004 Betreiber der Website dietiwag.org (bis 2005 unter dietiwag.at), Landwirt.

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